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Schon im Deutschunterricht hat mich bei der Charakterisierung der Protagonisten am allermeisten interessiert, wer wohl aus welchen Beweggründen heraus wie agiert hat. So war die Entscheidung nach meinem Abitur (am Campe-Gymnasium hier in Holzminden) zwischen Jura, wofür eher Prestige und die Erwartungshaltung meines Umfeldes gesprochen hätten, und Psychologie, die es dann ja auch wurde, eine Bauchentscheidung. Die auch mit einigen Jahren Abstand gesehen die richtige war!
Das Studium an sich hat mich inhaltlich wenig erfüllt. An der Universität Göttingen wurde – zumindest damals – das wissenschaftliche Arbeiten überbetont, wir haben uns mehr in Statistiken bewegt, als zwischen Menschen. Aber um die ging es mir doch! Als dann auch noch der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der ich als Praktikantin tätig war, wegen Pädophilie-Verdachts verhaftet wurde, habe ich kurzerhand beschlossen, nicht mehr in diesem Bereich der Psychologie zu arbeiten. Das konnte und wollte ich nicht mit mir vereinbaren!
Durch den glücklichen Zufall, dass es keinen anderen Bewerber gab, kam ich zu einem Vorstellungsgespräch bei der renommierten Unternehmensberatung „Kienbaum“. Auf die Frage des Personalchefs hin, ob ich mir denn vorstellen könne, ein Assessment Center zu konzipieren, nickte ich ausdrücklich. Vorstellen konnte ich mir alles…Wochen später trat er an meinen Schreibtisch: „Ich hatte das Gefühl, dass Sie sich schnell einfinden würden – aber Ahnung hatten Sie keine, oder?!“. Was ich ihm nur bestätigen konnte.
Nach all den zwischenmenschlichen Befindlichkeiten und Revierkämpfen zwischen den einzelnen Professionen der Kliniken – Psychologen gegen Psychiater, Psychiater gegen Ergotherapeuten usw.- habe ich mich in der Wirtschaft sehr wohl gefühlt. Auch wenn es genauso Befindlichkeiten und Revierkämpfe gab, so doch nicht auf Kosten von Kinderseelen. Zum damaligen Zeitpunkt mochte ich das in diesem „Höher-Schneller-Weiter“-System herrschende Tempo mit dem einhergehenden Zeitdruck und habe mich nach meiner Diplomarbeit in Psychologie als Beraterin bei Kienbaum positioniert. Während meiner drei Jahre in diesem Unternehmen habe ich unglaublich viel gelernt!
Dann kam erst eine, dann die zweite Tochter. Mir war klar, dass zwei kleine Kinder und die Anforderungen eines an Umsatz gebundenen Systems sich für mich nur schwer vereinbaren ließen. So bin ich sukzessive in die Selbstständigkeit eingestiegen und habe im kleinen Maße im Bereich Assessment Center, Training in Softskills und vor allem der Begleitung von Veränderungsprozessen in Unternehmen gearbeitet. Letzteres war das Aufgabengebiet, das mir persönlich am meisten Spaß bereitet hat und so habe ich auch meinen Schwerpunkt darauf verlagert. 2012 habe ich mit einem Kollegen, der auch Lust hatte, das Ganze größer aufzuziehen, die Movendo Consulting GmbH gegründet, bei der zum Zeitpunkt meines Ausscheidens Anfang 2020 weltweit rund 50 meist freiberufliche Berater in engem Netzwerk für uns tätig waren.
Ja, ein Cut. Als ich mir dessen gewahr wurde, dass ich keine Motivation mehr in dieser Form des Beratungsmodells fand, habe ich meine Firmenanteile verkauft. Seitdem teile ich auf dem Blog “Hat das Sinn oder kann das weg?!“ meine Gedanken in meiner persönlichen Reise zu einer neuen Berufung und genieße einen entspannten, freien Raum. Erst jetzt, wo er endgültig abfällt, merke ich, wie sehr der ständige Verantwortungsdruck mich beschäftigt hat. Was für ein unvorstellbar großer Genuss es jetzt doch ist, Gespräche einfach nur genießen zu können, ohne im Hinterkopf haben zu müssen, ob irgendeine Form von monetärem Gewinn darin steckt! Keine Holzminden – Berlin – Holzminden Tagestouren mehr, da ich als Mutter nicht am Frühstückstisch fehlen wollte. Die Zeit des Wettbewerbsverbotes nutze ich nicht, um einer neuen Erwerbsarbeit nachzugehen, sondern um an mir und meinen neuen Zukunftsvorstellungen zu arbeiten.
Als gebürtige Holzminderin waren LSHler für mich lange Zeit diejenigen, die im „Freak“ am ausgelassensten feierten. Während meiner Tätigkeit am Albert Schweitzer-Therapeutikum habe ich dann das LSH aus einer völlig neuen Perspektive erlebt und verstanden, in welchem Ausmaß das Internat Solling Jugendlichen einen geschützten Raum bietet. So fiel es mir leicht, die Jugenderinnerungen ad acta zu legen und meine Töchter als externe Schülerinnen anzumelden. Dies war definitiv die richtige Entscheidung, insbesondere am ersten Elternsprechtag hier am Internat Solling hat mich wirklich zutiefst gerührt, erleben zu dürfen, dass die Pädagogen die Schüler tatsächlich kennen und sich mit ihnen individuell auseinandersetzen. Die Selbstverständlichkeit, mit der die gesamte Schulgemeinschaft neue Schüler willkommen heißt und sich wirklich für sie interessiert, fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Ein Effekt, den ich nicht vorhergesehen habe, ist, dass durch die ständige Durchmischung der Klassen nicht nur das Bilden neuer Freundschaften selbstverständlich ist, sondern sich vielmehr Mobbing gar nicht erst festfressen kann. Diesen positiven Systemeffekt können Staatsschulen, an denen der größte Kern einer Klassengemeinschaft von Klasse 5-11 beieinanderbleibt, nicht bieten.
Am allermeisten freut mich zu sehen, dass meine Hoffnung, dass meine Töchter durch das Internat Solling die Weite der Welt schon vor dem Studium erleben, voll aufgegangen ist. In unserem Haus geht es deutlich internationaler zu, seit die Beiden LSHlerinnen sind! Das freigeistige, groß denkende Umfeld des LSHs hat auch Lissy und Polly in vielen Bereichen freier werden lassen.
Ich freue mich unbändig auf all das, was die Zukunft uns bietet.

Tag der offenen Tür

Am 28. April 2024 lädt das Internat Solling herzlich zum Tag der offenen Tür mit persönlichem Beratungstermin ein.

Hier finden Sie weitere Details und Informationen zur Anmeldung: