Georg Büchners Leonce und Lena im Deutschen Theater

„Was die Leute nicht alles aus Langeweile treiben! Sie studieren aus Langeweile, sie beten aus Langeweile, sie verlieben, verheiraten und vermehren sich aus Langeweile und sterben endlich an der Langeweile […].“
Leonce, Prinz im Königreich Popo, weiß, was es bedeutet, sich unendlich zu langweilen. Auch Schülerinnen und Schülern dürfte dieser unliebsame Zustand vertraut sein, doch glücklicherweise blieben wir davon bei unserem Ausflug nach Göttingen am 29. Januar 2025 verschont: Nach einem gehaltvollen Tag kehrten wir auf vielfältige Weise bereichert nach Holzminden zurück.
Dass der Besuch von Theater-Aufführungen zum Lehrplan des Fachs Darstellenden Spiel gehört, liegt auf der Hand, und so nutzten die beiden Kurse aus dem 12. Jahrgang die Vorzüge, die der neu abgeschlossene Kooperationsvertrag mit dem Deutschen Theater in Göttingen eröffnet, voll aus. Mit den Lehrkräften Martin Kammer, Friederike Thimm und Ellen Runte ging es nach dem Mittagessen Richtung Göttingen, wo wir um 16:00 Uhr von unserer kundigen Begleiterin Luise von Stuckrad-Barre in Empfang genommen und durch die Räumlichkeiten des Deutschen Theaters geführt wurden. Zunächst machte sie uns mit dem Bühnenaufbau für die abendliche Aufführung von Leonce und Lena vertraut. Ein heruntergekommenes Schwimmbad als Kulisse bot Anlass zu Spekulationen und ersten Deutungsversuchen. Die Bereiche der Bühne waren frei zugänglich, durften von allen Seiten inspiziert und die bereitgestellten Kostüme für den Abend begutachtet werden. Wir erkundeten die Technik hinter und unter der Bühne, und kletterten vorsichtig um die empfindliche Sprinkleranlage herum, denn das Schwimmbad sollte trocken bleiben. Anschließend zeigte uns Frau von Stuckrad-Barre die Proben-Räume, die Herren- und die Damen-Schneiderei, die Maske, Tischlerei, Schlosserei und den Malsaal. Das Theater entpuppte sich somit als Haus, das neben den Aufführungsräumen zahlreiche Werkstätten beherbergt und sogar die Möglichkeit bietet, sich beispielsweise zum Herrenschneider oder zur Tischlermeisterin ausbilden zu lassen. Zu erfahren, wieviel Aufwand für eine Inszenierung betrieben wird und welche Bedeutung diesem Kulturbereich zukommt, beeindruckte uns sehr.
Unserem Rundgang schloss sich ein gemeinsames Abendessen in der Innenstadt an, und danach ging es zurück ins Theater, um die Aufführung von Leonce und Lena zu besuchen. Das ausdrucksstarke Agieren der fünfköpfigen Schauspielgruppe und die teilweise schrille Inszenierung standen in starkem Kontrast zur Tristesse der Kulisse, die sich jedoch als erstaunlich nutzbare Spielfläche erwies. Video-Effekte und Musik, spontane Einfälle sowie die Einbeziehung des Publikums ließen von Anfang bis Ende keinerlei Langeweile aufkommen, auch wenn manche Dialoge viel Konzentration erforderten und hier doch Längen wahrgenommen wurden, wie sich bei der Nachbesprechung im Unterricht herausstellte. Zudem erschienen den Schülerinnen und Schülern nicht alle Effekte zielgerichtet und funktional, aber sie zeigten sich insgesamt beeindruckt vom Spiel und der Vielfalt der Gestaltung.
Dass es möglich war, nach der Aufführung noch mit der Dramaturgin sowie einem Schauspieler und einer Darstellerin ins Gespräch zu kommen, komplettierte den Tag; allerdings stellten sich hier allmählich ernstere Erschöpfungserscheinungen ein. Zum Glück holte der Bus uns gegen 23:00 Uhr direkt am Theater ab, und etwas schlafen konnte man ja bereits während der Rückfahrt.
Alles in allem fiel die Bilanz beim späten Frühstück am nächsten Morgen positiv aus, und die Fachgruppe Darstellendes Spiel freut sich über die großzügig angelegte Kooperation, die uns das Deutsche Theater bietet.

Text + Fotos: Ellen Runte