50-prozent
Skip to content

Ich habe nie erwartet, dass andere Menschen, zum Beispiel meine Eltern, stolz auf mich sind. Das ist mir nur bei meinen beiden Kindern wichtig. Ich genieße es sehr, dass das Verhältnis zu Luna und Lino eng ist und sie gerne ihre Freunde zu uns mitbringen. Meines Erachtens erweitert der Kontakt zu den Freundeskreisen der Kinder meine eigenen Dimensionen.

Bei uns ist immer etwas los, ich liebe es, Menschen um mich zu haben! Dies ist sicherlich der für mich Einzelkind ganz besonders wohltuenden Erfahrung geschuldet, am LSH ständig von Freunden umgeben gewesen zu sein. Das „open House-Gefühl“ meiner Internatszeit habe ich stets auf mein Leben übertragen. Es haben oft Freunde für kurz oder lang bei mir mitgewohnt und auch Urlaube verbringen wir sehr gerne gemeinsam mit Freunden. Es gibt doch nichts Schlimmeres als Langeweile! Andere Menschen sind ein verlässliches Mittel dagegen, in einen Alltagstrott zu verfallen; sie bringen neue Ideen in das eigene Leben und sind positiver Antrieb, sich auf etwas Neues einzulassen und dafür auch mal zu überwinden.

Meine Abneigung gegen Stillstand lässt sich auch an meinem beruflichen Lebenslauf ablesen.

Nach meinem Abitur habe ich in ein Trainee-Programm der Deutschen Bank reingeschnuppert. Da ich auf einen Studienplatz in Wirtschaft hätte warten müssen, habe ich es in Berlin mit Jura versucht, das war mehr so…mittel. Letztendlich wurde es dann die Filmhochschule in München, an der ich eine spannende Zeit verbracht habe. Parallel zur Filmhochschule habe ich mit Freunden eine Produktionsfirma gegründet. Zum allerbesten Zeitpunkt, in den 90igern war die Film- und Werbebranche definitiv die, in der man sich bewegen wollte! Es war super spannend, an der Entstehung von Drehbüchern, Werbefilmen und Musikvideos beteiligt sein zu können. Derart spannend, dass ich mich mehr der Arbeit, als der Filmhochschule zugewandt habe – ich habe keinen Abschluss, der war irgendwann einfach nicht mehr wichtig. Der Boom unserer Produktionsfirma lief in den 2000er Jahren aus, woraufhin ich mich auf Immobilien konzentriert habe. Eine Weile bin ich zwischen London und der Schweiz gependelt, um mich dann 2007 ganz für die Schweiz als Hauptwohnsitz zu entscheiden. Insbesondere die Region Graubünden mit ihrer einmaligen Weite ist für mich mit einem wärmenden Heimatgefühl verbunden.

Ein grundsätzliches Heimatgefühl habe ich mir insbesondere in meiner Zeit mit mehreren internationalen Standorten darüber verschafft, dass ich stets versucht habe, mir jeweils Fixpunkte, wie zum Beispiel eine feste Laufstrecke, einzurichten. Dieser kleine Alltags-Autismus hat mir einen Wohlfühl-Rahmen geschaffen, egal, wo auf der Welt ich gearbeitet habe. Da es nicht bei Immobilien geblieben ist, sondern vielmehr noch ein Portfolio im Solar- und Windbereich hinzukam, habe ich mich unter anderem auch regelmäßig in den USA und Asien aufgehalten. In diesem Bereich bin ich derzeit nunmehr schwerpunktmäßig beratend tätig. Letztendlich gilt: Unternehmertum bleibt Unternehmertum. Du entwickelst etwas, stellst Dich auf unterschiedlichste Menschen ein, steckst in Genehmigungs – und Finanzierungsprozessen. Da ist es letztendlich egal, ob es sich um Immobilien oder ein Drehbuch handelt. Man wird gelassener und lernt, seinem Instinkt zu vertrauen.

In all dem ist es mir sehr wichtig, Zeit mit meiner Familie und Freunden zu verbringen. Unser gemeinsames Abendessen, das häufig und gerne ich zubereite (es gibt wenig Entspannenderes!), der Austausch über unsere Alltage bei tatsächlichem Augenkontakt ist mir ein Bedürfnis. Auch pflege ich Freundschaften wirklich aktiv und bewusst, es mir eine Herzensangelegenheit, mir wichtige Menschen regelmäßig persönlich zu sehen. Auch wenn es natürlich heutzutage sehr viel leichter ist, am Leben anderer teilzunehmen, als es das zur Zeit des guten alten Wähltelefones war.

Darüber hinaus ist mir der Kontakt zum „Kosmos LSH“ wichtig. Das Gefühl des wohligen Nachhausekommens, insbesondere nach der zweijährigen „LSH-Pause“ an einem Sport-Internat ist mir sehr präsent. Zudem war auch meine Tochter Luna auf dem Internat Solling. Sie berichtete mir mit einem „da war eine Frau Volger am Telefon, ich glaube, die hat Dich mal unterrichtet. Da habe ich lieber nicht gleich Deinen Namen genannt“ davon, einen Vorstellungstermin in Holzminden vereinbart zu haben. Nachdem Hasi (Hartmut Singer, mein damaliger Mathe-Lehrer) mir in der sehr vergnüglichen Situation, ihm im Elterngespräch gegenüber zu sitzen, mitteilte: „Du warst viel dümmer als Deine Tochter!“, ist dies vielleicht die richtige Stelle, all den großartigen Pädagogen zu danken, die mich geprägt habe. Danke!

Hin und wieder träume ich, dass ich wieder Schüler am LSH bin. Wohnhaft im kleinsten Zimmer der Welt, im Mittelhaus, ganz oben. Vielleicht ist dies Zimmerchen der Grund, warum ich nun immer darauf achte, dass meine Wohnräume hoch liegen und ich somit freien Blick habe. „Weitblick“ ist etwas, dass sich durch viele Ebenen meines glücklichen und zufriedenen Lebens zieht. Wahrscheinlich, weil ich so sehr gerne genau da bin, wo ich gerade im Leben stehe. Derart verwurzelt lässt es sich gut in die Ferne blicken.