Andreas Berthoud
Für Schüler, die in der Tischlerei allzu zaghaft arbeiten, rezitiere ich gerne aus dem Kokosnuss-Gedicht von Günther Frorath: “Darum gilt es sich zu traun, und ganz feste zuzuhaun.“
Im April nächsten Jahres bin ich 35 Jahre hier tätig. Die ersten Jahre gab es immer ein sehr belebtes Bild blickte man in Richtung meines Unterrichtes, der doch oft sehr von einer kreativen Chaotik bestimmt war! Nach wie vor sind Konsequenz und Strenge nicht so sehr meine herausragende Stärke, was manches Mal schon von Nachteil für mich ist als Lehrer ist. Mittlerweile hat das Werken aber auch durch das Zentralabitur eine völlig andere Stellung und findet größtenteils auf der AG-Schiene statt.
Es freut mich, offenen Auges in der Werkstatt umher zu blicken: Die Raumeinteilung und Einrichtungsanordnung tragen meine Handschrift. Auch wurde nach der Grundausstattung nicht unnötig Neues angeschafft, vielmehr habe ich vieles instandgesetzt und auch selbst gebaut. Es liegt mir, aus kleinen Resten etwas Neues zu schaffen – ein schönes Beispiel dafür ist der Tisch in der Sitzecke im Foyer der Bibliothek. Diesen habe ich aus nicht fertig gestellten Schachbrettern von Schülern gebaut.
Man kann nicht für alle Schüler der Richtige sein, aber es gab schon viele, mit denen es gut gepasst hat. Getreu „ You don`t know what you`ve got until you loose it“ gibt es auch auf den Altschülertreffen immer wieder gutes Feedback zu unserer gemeinsamen Zeit. Das ist schon toll, wenn da ein Altschüler sagt: „Das ist meine Heimat hier“ und zu spüren ist, das viele Altschüler diese tiefe Verbindung zu uns haben und immer wieder gerne hier her kommen.
Meiner Lebtage hadere ich mit meinem gesellschaftlichen und ökologischen Engagement, ausgebremst durch notorisches Harmoniebedürfnis und Konfliktscheue. Immerhin wird man weder Tropenholz noch aggressive Lösungsmittelgerüche in der Werkstatt wahrnehmen. Als „gewendeter Motorradfahrer“ ist mir dennoch die Fortbewegung auf zwei Rädern ein Lebensschwerpunkt, natürlich per Muskelkraft! Die 14 Teilnahmen an unserer Provencefahrt waren mir ein Hochgenuss.
Auch lese ich sehr gerne. Vor vier Jahren habe ich eine Abendsprache über die kanadische Nobelpreisträgerin für Literatur, Alice Munro, gehalten. Diese Frau schreibt phantastisch! Ihre Erzählungen faszinieren mich da sie auf 30 Seiten ausdrücken kann, wofür andere Autoren 600 Seiten brauchen. Ihre Geschichten sind prall gefüllt mit kurzen, exakten Beschreibungen.
Das pralle Leben findet bei uns Zuhause immer zu Weihnachten statt. Es ist eine große Freude in meinem Leben das es sich so ausnimmt, dass unsere fünf Kinder gerne kochen. Auch wenn es die ersten zwei Jahre sehr chaotisch war, als sich alle mit ihren Laptops um den Küchentisch versammelten und sich mit ihnen neuen Gerichten zu viel vornahmen – da gab es schon mal das Essen um 17 Uhr statt wie geplant um 13 Uhr! Ich genieße es, das mittlerweile regelrechte Kochfeste bei uns stattfinden.
im April 2018