David Witham
Es gibt nicht allzu viele LSHler, die dies von sich behaupten können: Ich war interner Externer, der im Internat Solling in die Wiege gelegt wurde. Die Auflösung ist: Meine Eltern waren betreuendes Ehepaar einer Kam und mein Vater Lehrer am Internat; ich bin in Holzminden geboren und von klein auf durch unser wunderschönes Gelände geflitzt. Bis auf die Mahlzeiten, die wir zwei Jungs mit unserer Mutter eingenommen haben, habe ich an sämtlichen Internatsaktivitäten teilgenommen.
Ja, auch am Aussteigen. Selbstverständlich! Um nicht am Elternschlafzimmer, das sich an der Wohnungstür befand (bessere Akustik – Verbindung zur Kam) vorbeischleichen zu müssen und damit die Mission zu gefährden, habe ich ein Seil aus dem Fenster meines Kinderzimmers geschmissen und mich gen Freak abgeseilt. An dieser Stelle Dank an meinen älteren Bruder Mike, der mich darin unterwiesen hat! Für uns, die wir am Internat lebten, gab es über die Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter hinaus die der Ferien. In der Schulzeit ist das gesamte Gelände ein einziger, riesiger Bienenstock, in dem es summt und brummt; es herrschen ständig Bewegung und Flirren in allen Ecken. In den Ferien hingegen ist es eine sehr ruhige, idyllische, schlichtweg traumhafte Parkanlage mit beeindruckenden Gebäuden.
Nach meinem Abitur habe ich das Internat insofern mit in den neuen Lebensabschnitt genommen, als dass ich mit meinem besten Freund Timo Singer gemeinsam nach Hamburg und dort eine WG gezogen bin. Wir hatten eine tolle Zeit, in der wir jeweils eine Ausbildung (ich im kaufmännischen Bereich) gemacht haben. Im Anschluss daran trennten uns die Studienwege räumlich, ich blieb für ein BWL Studium in Hamburg. Die Betonung „räumliche Trennung“ ist kein Zufall – nie wieder, weder zuvor, noch nach der Zeit am Internat, habe ich so ehrliche und tiefe Freundschaften geschlossen, wie die aus Zeit am Internat Solling es waren und sind. Mittlerweile pflege ich diese von Siegburg bei Bonn aus, wo es mich beruflich hin verschlagen hat. Als betriebswirtschaftlicher Kundenberater eines Verbandes für Sanitätshäuser bin ich nicht unmittelbar mit Betroffenen in Kontakt, kann aber dafür sorgen, dass die von mir betreuten Häuser finanziell gesund und bestens aufgestellt dafür sorgen können, Menschen mit Beeinträchtigungen eine größtmögliche Lebensqualität zu bieten. Selbstverständlich erfahre ich auch von persönlichen Schicksalen, die mich berühren. Umso schöner ist das Wissen darum, dass ich wirklich helfen kann! Etwas, das meines Erachtens seine Wurzeln in meiner „Herz und Hand“ – Zeit am Internat geschlagen hat – gerne helfen und der Blick auf soziales Miteinander.
Tatsächlich haben die fünf Jahre, die ich Mitglieder der LSH-THW-Gruppe war, mir so manche Türe geöffnet und sind in Gesprächen immer auf positive Resonanz gestoßen. Nach einem Arbeitstag, in dem es aufgrund der vielen Menschenkontakte durchaus mal sehr menscheln kann, bin ich froh, mit meinem Sohn Robert in die von uns gemeinsam erschaffene (da bin ich sehr gerne und durchaus eigennützig Sponsor) Playmobil – Welt abzutauchen. Jede unser rund 50 Figuren hat einen Namen und wir Zwei große Freude daran. Um mich fit zu halten steige ich neuerdings nicht mehr „nur“ auf mein Rennrad, sondern auch in den Boxring! Ein phänomenaler Sport, dessen Kombination aus Schnelligkeit, Bewegungsabläufen und Kraft mich fasziniert. In all meinen Tätigkeiten zieht sich eines durch: Ich finde schnell Zugang zu Menschen und verknüpfe gerne Informationen, Nachfrage und in Frage kommende Personen. Etwas, für das ich bei Altschülertreffen kaum Gelegenheit habe, werde ich doch immer mit Fragen nach dem Wohlergehen meines Vaters und Anekdoten aus der Zeit mit ihm bombardiert. Dies bestätigt meine Meinung, dass meine Eltern wertvolle Mitglieder der LSH-Gemeinschaft waren, dass ein LSHler immer ein LSHler ist und auch meinen Stolz auf meine Eltern. Um ihnen die Geborgenheit meiner Kindheit zurück geben zu können, spiele ich tatsächlich mit dem Gedanken, jetzt, da sich mit ihrem Alter die Fürsorge ein wenig umkehrt, mit meiner Familie gen Holzminden zu ziehen. Dann wäre unser Sohn wiederum ein externer LSHler und ein kleiner Lebenskreis würde sich schließen.
im Mai 2022