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Dirk Hebeler (LSH 1961 - 1968)

Dass ich momentan mit Krebs kämpfen muss ist ärgerlich, aber angesichts der Tatsache, dass ich bisher nie ernsthaft krank war, nur eine hinzunehmende Aufgabe.

Trotzdem empfinde ich mich als Glückspilz. Ich durfte mit liebenden Eltern in einem großen Vertrauensverhältnis aufwachsen, habe eine wunderbare Ehefrau und einen gut geratenen Sohn und blicke auf ein erfülltes Berufsleben zurück. So ist für mich „aus Liebe zum Leben“ nicht nur der Leitsatz meines Johanniterordens, sondern vielmehr der Leitsatz meines gesamten Lebens.

Mir waren der Umgang auf Augenhöhe mit meinen Mitarbeitern und ihr Wohlergehen ein wichtiges Anliegen. Da ich bei der DSB (Deutsche Schlauchbootfabrik Berlin, die in Eschershausen steht), bei der ich mein gesamtes Arbeitsleben lang tätig war, großen Wert darauf gelegt habe, von der Pieke auf alles zu lernen, fiel es mir immer leicht, Probleme im Arbeitsablauf und im täglichen Geschehen nachzuvollziehen und diese gemeinsam mit den Mitarbeitern zu lösen.

So konnte mir auch selten ein Bär aufgebunden werden! Als ein LKW-Fahrer der DSB mal eine Übernachtung plus Spesen geltend gemacht hat, die meines Erachtens nicht notwendig war, habe ich kurzerhand selber binnen weniger Unterrichtsstunden den LKW-Führerschein gemacht. Ich bin morgens mit LKW und Anhänger nach Hamburg gefahren, habe entladen lassen und war taggleich innerhalb der gesetzlichen Lenkzeit wieder zurück. Es gab eine Abmahnung und dann wurde nicht wieder darüber gesprochen.

Ich durfte an der Entwicklung von militärischen Booten und Rettungsinseln und Sprungkissen für die Feuerwehr mitwirken, und auch so manche Notrutsche eines Flugzeuges trägt mein Gedankengut. Sollten Sie mal auf einem größeren Schiff unterwegs sein, so achten Sie auf ein kleines blaues Schild auf den weißen Containern der Rettungsinseln. Zu meiner großen Freude trägt es ein Großteil der Rettungsinseln aller Fähren und seegehenden Schiffe. Auch der Spaß an großen Wildwasserbahnen und Wasserrutschen in allen namhaften Freizeitparks der Erde ist durch meine positive Mitschuld möglich geworden.

Privat habe ich das Fliegen geliebt. Mit so einem kleinen Flieger abzuheben ist ein ganz eigenes Gefühl. Reinhard May singt es so treffend: „ die Freiheit ist grenzenlos!“

Es schwingt aber auch Genugtuung mit – man beherrscht ein kompliziertes Fluggerät, das auch bei menschlichen Fehlern abstürzen kann. Die Möglichkeit, bei brenzligen Situationen oder schlechtem Wetter einfach anzuhalten, besteht nicht. Somit ist die Verantwortung für mich selbst und die Passagiere ungleich größer als die beim Autofahren.

Als es mit dem Chartern der kleinen Maschine immer komplizierter wurde, habe ich meinen Flugschein nach rund 35 Jahren des Fliegens nicht erneuern lassen. Manchmal bereue ich dies schon, zehre aber von vielen schönen Flugerinnerungen.

Auch während des Wurftaubenschießens kann ich alles andere um mich herum vergessen. In dieser Disziplin habe ich es zu einigen Titeln gebracht. Im Jahre 1973  habe ich mit 196 von 200 Treffern den Grand Prix von Bern gewonnen und im selben Jahr als jüngster Deutscher Meister die Meisterschaft in der Schützenklasse! Bei allen persönlichen Erfolgen hat aber der „Alle für Einen“ Teamgeist meiner Mannschaft den höchsten Stellenwert für mich. Selbst eine Niederlage mit unvorstellbar schlechten Ergebnissen konnten wir herrlich feiern! Unsere Mannschaft versteht sich noch heute blendend.

Große Freude bereitet mir nach wie vor unser Forstbetrieb im Sauerland. Als passionierter Waidmann und leidenschaftlicher Hundebesitzer genieße ich es, mit unserem treuen Gefährten im Wald zu sein. Egal, zu welcher Tageszeit, es ist immer spannend und gleichzeitig ruhig und erholsam.

Die Natur ist meine Kirche – hier bin ich Gott ganz nahe!

Zuhause war ich schon ein richtiger Rabauke, der so manches auf dem Kerbholz hatte

(unter anderem habe ich mit der Zwille 2 Eisenkrampen auf ein Gemälde mit Hirsch- und Kahlwild-Motiv im Treppenhaus meiner Eltern gefeuert. Nach der berechtigten Bestrafungsohrfeige sagte mein stets sehr fairer Vater: „Aber getroffen hast Du gut!“).

Meine Zeit im LSH begann mit einer kleinen Sonntagsausfahrt mit meinem Vater. Als er nach über 4 Stunden Autofahrt sagte: „ Guck mal da oben, das Gebäude!“ dachte und hoffte ich, es sei ein Restaurant. Weit gefehlt! Mein Vater,  selbst alter LSH-ler, schleppte meinen Koffer ins Oberhaus und sagte mir, meine Mutter hätte es nicht so gut vertragen, mich hier abzuliefern, so müsse er es alleine tun. „So. Und hier bleibst Du jetzt! Tschüss.“

Da stand ich. Ich hatte doch in meinem Leben noch nie ein Bett bezogen! Dies und vieles mehr habe ich mir mit der Hilfe meiner Kam-Mitstreiter schnell angeeignet.

Hier am LSH, mit Freunden und Gleichgesinnten konzentriert auf einem Gebiet, die auch noch denselben, strukturierten Tagesablauf hatten, bin ich aufgeblüht! Im Werkunterricht habe ich auch in der Landwirtschaft gearbeitet und habe mich bis zum Treckerfahren hochgearbeitet. In der Schweinevilla habe ich sehr gerne die Nacht-Aufsicht übernommen wenn eine Sau ferkeln sollte – dabei konnte man nämlich rauchen!

Mit meinem lieben Kamleiter, Bumm Krüger, habe ich übrigens noch ein Hühnchen zu rupfen, hat er doch den Großteil meiner Jerry Cotton Hefte einkassiert, die ich mir für kostbare 60 Pfennige (damaliges Taschengeld der Scholaren : DM 11,00/mtl.) gekauft hatte! Er war aber auch zu gut darin, mich beim Lesen unter der Bettdecke zu erwischen. Gelesen habe ich einige Hefte dann trotzdem – sie standen bei ihm im Regal und wenn ich bei Bumm und Bummine war, um ihre Kinder einzuhüten, konnte ich dann meine Hefte lesen.

Man muss einfach immer aus allem das Beste machen.

im August 2018

*1949, † 2022