13. November 2024
- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Wissenschaftliche Abendsprache von Prof. Dr. Arno Ehresmann
14. November 2024
Am Donnerstag, dem 14.11.2024, hatte der MINT-Koordinator, Dr. Frank Hubenthal, einen ehemaligen Kollegen der Uni Kassel in das Internat Solling eingeladen, um den Schüler:innen einen Teilaspekt seiner Forschung näher zu bringen. Der Vortrag mit dem Titel „Künstliche magnetische Domänenmuster für Lab-on-the-chip-Systeme“ sollte sie in eine Zukunftsvision führen, in der standardisierte medizinische Test mittels magnetischer Steuerung für jedermann zu Hause zur Verfügung stehen könnten.
Ausgangspunkt für das vorgestellte Forschungsprojekt von Prof. Ehresmann ist die Schwierigkeit in unserem – ja weiterhin sehr guten – Gesundheitswesen, rasch einen Facharzttermin zu bekommen, um zum Beispiel einen dringend notwendigen Bluttest durchzuführen. Dazu kommen lange Anfahrtswege und ein teils erheblicher Zeitaufwand, den Patienten häufig auf sich nehmen müssen, um Fachärzte zu konsultieren. Ausgehend von dieser Problemstellung entwickelte Prof. Ehresmann seine Idee, ein Lab-on-the-Chip-System für den häuslichen Bereich zu entwickeln.
Nach dieser Einführung begann Prof. Ehresmann mit dem wissenschaftlichen Teil seines Vortrags. Er erläuterte anschaulich und mit eindrucksvollen Bildern, was magnetische Domänen sind und wie sie sich bilden. Dabei ging er auf eines der fundamentalen Gesetze der Natur ein, die Energieminimierung. Erzeugt man dünne magnetische Schichten, so stellt sich in der Regel eine scheinbar willkürliche magnetische Struktur ein, die aber aufgrund der Energieminimierung in den Schichten entsteht. Ziel der Arbeitsgruppe von Prof. Ehresmann war es nun, diese natürlichen Strukturen von außen so zu beeinflussen, dass sie ein Streifenmuster bilden, bei dem benachbarte Streifen jeweils eine entgegengesetzte Magnetisierung aufweisen. An den Grenzen dieser Streifen, die man Domänengrenzen nennt, können sich kleine magnetische Kugeln anhaften, wenn man sie zum Beispiel in einer Flüssigkeit über die magnetische Schicht laufen lässt. Diese, relativ fest anhaftenden Kugeln können anschließend durch äußere Magnetfelder gezielt von Domänengrenze zu Domänengrenze bewegt werden. In einem sehr illustrativen Analogbeispiel mit Schafen, die sich entlang einer Seite eines Zaunes aufgereiht haben und durch einen äußeren Impuls (hier ein Schäferhund) über den Zaun springen, machte Prof. Ehresmann klar, wie die magnetischen Kugeln sich durch äußere magnetische Felder gezielt von einer Grenze zur nächsten bewegen lassen.
Nachdem das Prinzip der Kugel-Manipulation klar war, erläuterte Prof. Ehresmann, wie man durch eine geeignete Funktionalisierung der Kugeln z.B. Krankheitsmarker im Blut nachweisen kann. Dazu werden die Kugeln mit spezifischen Molekülen beladen (funktionalisiert), an die nur die Krankheitsmarker im Blut anbinden. Dazu bringt man die funktionalisierten Kugeln mittels äußerer magnetischer Felder in einen Blutstrom auf einen Chip mit Streifendomänen, sodass die Krankheitsmarker an die Kugeln binden können. Nach der Bindung werden die Kugeln weitertransportiert zu einem Reinigungsprozess, in dem alle eventuell nicht-spezifisch gebundenen Moleküle abgespült werden. Anschließend werden die Kugel, wieder durch äußere magnetische Felder, weitertransportiert zu einem Analysesystem, welches detektiert, dass die magnetischen Kugeln aufgrund der gebundenen Krankheitsmarker schwerer geworden sind und dadurch der Abstand zur Unterlage sich minimal ändert. Die Abstandsänderung wird optisch mithilfe einer KI, ohne die eine modere Forschung nahezu nicht mehr möglich ist, analysiert. Somit hat Prof. Ehresmann mit seinen Experimenten gezeigt, dass mittels magnetischer Streifendomänen ein Lab-on-the-Chip-System möglich ist.
In der anschließenden Diskussion machte Prof. Ehresmann noch deutlich, dass Forschungsvorhaben in der Regel viele Jahre dauern. Seine ersten Experimente zu dem vorgestellten Forschungsgebiet liegen nun rund 20 Jahre zurück und er hofft, dass das System in der nahen Zukunft auf den Markt kommt, so dass Patienten es zu Hause nutzen können. Darüber hinaus machte er klar, dass moderne Forschung viel Geld kostet, Geld das der Steuerzahler bereit sein muss aufzubringen, um in Zukunft weiter ein gutes Leben führen zu können.
Als Fazit bleibt, dass Prof. Ehresmann einen sehr anschaulichen und praxisbezogenen Vortrag gehalten hat, dem jedoch nicht die inhaltliche Tiefe fehlte. Er hat es hervorragend verstanden, seine Forschung den Schüler:innen und Kolleg:innen des LSH verständlich näher zu bringen, ohne unter den Tisch fallen zu lassen, dass es ausgesprochen komplexe und zeitaufwändige Forschungen sind, auf deren Gebiet die Arbeitsgruppe von Prof. Ehresmann zu den weltweit führenden Teams gehört. Kurz, es war eine rundum gelungene Abendsprache.
Text: Dr. Frank Hubenthal
Details
- Datum:
- 14. November 2024
- Veranstaltungskategorien:
- Abendsprache, Aktuelles, MINT
Veranstaltungsort
- Internat Solling
-
37603
Holzminden, Niedersachsen 37603 Deutschland - Telefon:
- +49 (0) 55 31-12 87-0
- Webseite:
- https://www.internatsolling.de/
Veranstalter
- Internat Solling
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