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Meine Zielstrebigkeit ist von einer (Grund-)Einstellung zu einer Eigenschaft geworden. Sie ist einfach da, ich muss mir keinerlei Mühe geben, um so zu sein. Vielmehr arbeite ich daran, mir weniger Leistungsdruck zu machen. Der ist intrinsisch und war von Beginn der 1. Klasse in mir, ohne das mir jemals jemand Druck gemacht hätte. Ganz im Gegenteil: Meine Eltern sagen häufig „jede Note muss mal geschrieben werden“ zu uns drei Kindern.


So perfektionistisch und vielleicht in manchen Bereichen fast schon zwanghaft ich im Schulischen bin, so spontan bin ich in meiner Freizeit! Das Abgeben von Kontrolle kann etwas ganz wunderbar Befreiendes sein.
Das spüre ich insbesondere bei einer meiner sportlichen Hauptleidenschaften, dem Tanzen. Es ist ein ganz besonders erfüllender Moment, wenn mein Körper die Choreographie verinnerlicht hat und ich mich ganz und gar in die Musik geben kann. Ich war bis zu meinem Umzug an das Internat Solling sehr aktiv im Tanzen, da ich dank einer Rolle in dem Musical „Das Wunder von Bern“ in das Young Talent Programm der Stage School Hamburg aufgenommen wurde. Natürlich fehlt mir diese Bewegungsart hier nun sehr, ich weiß aber, dass ich innerhalb weniger Wochen Trainings wieder an bereits erlerntes anknüpfen könnte. Stattdessen bin ich hier viel und gerne im Fitnessraum, mache Yoga und trainiere mit meinem Körpergewicht. Tatsächlich mag ich Muskelkater, da dieser mir aufzeigt, dass ich etwas getan habe. Ebenso sehr mag ich es, „to do Klebezettel“ wegzuschmeißen oder Punkte von zu erledigenden Dingen auf einer Liste abzuhaken. Herrlich! Um mir diese Freude regelmäßig bereiten zu können, erstelle ich mehr Listen, als ich verschriftlichen mag. Vielleicht eventuell gibt es sogar eine darüber, was ich mir bei meinem nächsten Besuch bei meinen Eltern zu essen wünsche…


Zum Glück ist es mir bisher gut gelungen, in engem Kontakt mit Familie und Freunden in der alten Heimat zu bleiben. Dadurch sind die Heimfahrt-Wochenenden manchmal ein kleiner Menschen-Marathon, aber das nehme ich gerne dafür in Kauf, in die geborgene Vertrautheit eines jahrelangen Einanderkennens abzutauchen. Hier am Internat war es von erstem Moment ein „ankommen und drin sein“, es gab gar keine Zeit zum Fremdeln und auch für Heimweh ist kein Raum. Vielmehr habe ich nun zwei Orte, die ich „Zuhause“ nenne. Wie so viele Jugendliche habe ich in der Pubertät Internatslektüre verschlungen und nun lebe ich doch tatsächlich selber in einem. Verrückte Welt.
Was ich später machen werde, weiß ich noch nicht genau. Wobei ich mir aber sicher bin, dass es etwas Kreatives sein muss, um mich auch wirklich dauerhaft herauszufordern und zu erfüllen. Angesichts meines Notenschnittes käme auch ein „klassisches Karriere Studium“ in Frage, doch ist es mir so viel wichtiger, glücklich zu sein. Da ich mit Musik aufgewachsen bin und sie mich schon mein ganzes Leben lang begleitet, darf sie als ein wichtiger Bestandteil meines Lebens gerne auch beruflich eine Rolle spielen. Das steht auf einer meiner Wunschlisten, was daraus wird, wird letztendlich das Leben zeigen.

im August 2022