Marcus Schüllermann (LSH 2008 – 2012)

Meine Tätigkeit als Juniorberater in einer auf das Gesundheitswesen spezialisierten Unternehmensberatung ist nicht nur abwechslungsreich und spannend, sie bietet mir darüber hinaus auch vielfältige Einblicke. Es ist durchaus mit einem kleinen Nervenkitzel verbunden, gelegentlich von Dingen zu wissen, b e v o r sie publik werden!

Wahrscheinlich nicht die erste Tätigkeit, die einem für einen studierten Historiker in den Sinn kommt… doch bin ich tatsächlich genau da im Leben, wo ich sein möchte. Nachdem ich in den schönen Städten Konstanz und Freiburg studiert habe, lebe ich nun seit mittlerweile zwei Jahren in Berlin. Im Zuge meiner Tätigkeit breche ich u.a. komplexe Zusammenhänge und Gesetzgebungen auf leicht verständliche Informationen herunter, entwerfe Strategiepapiere und organisiere Veranstaltungen. Tatsächlich kann ich in meinem Metier indirekt auf meine Ausbildung zum Historiker zurückgreifen, da ich es während dieser kultiviert habe, mir zuvor unbekannte Probleme zu analysieren und unterschiedlichste Themen schnell und tief zu durchdringen.

Dank meines Cousins Peter bin ich Rotaracter in einem „Passport-Club“ des Distrikts 1940. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass wir andere Rotary-Clubs besuchen und unterstützen. Mir gefällt es, dass wir uns sowohl online als auch persönlich sehen, ich mich aber auch jederzeit in anderen Städten bei dort ansässigen Rotary-Clubs einklinken kann. Zudem bin ich seit 2023 Mitglied in einem Segelclub und nutze es, dass Berlin eine große Dichte an leicht erreichbaren Seen vorweist. Vor allem genieße ich es sehr, dass ich auf dem Wasser die von der Weltuhr vorgegebene Zeit vergesse und vielmehr völlig in die Abläufe an Bord aufgehe! So verbinde ich das Angenehme mit dem Nützlichen und baue mir mithilfe dieser neuen Hobbys allmählich einen Freundeskreis und ein Netzwerk in Berlin auf.

Trotzdem gibt es etwas, dass ich bis dato vermisse, seit ich 2012 mit dem Abitur in der Tasche das Internat Solling als Schüler verlassen habe: die schnelle Befriedigung nach sozialer Interaktion, wie es nur das Internatsleben bietet. Wo erlebt man es sonst, dass Freunde einfach nur eine Tür, maximal ein Haus weiter sind?

Meine Zeit im Internat Solling war durch eine Besonderheit geprägt: Zusammen mit meinem guten Freund Basti waren wir für zwei Jahre in der (eigentlich reinen Mädchen-) Kam von Frau Stelzer. Wie genau es dazu kam kann ich heute gar nicht mehr vollständig rekonstruieren, was ich ganz sicher weiß ist, dass es uns beide sehr fest zusammengeschweißt hat, „allein unter Frauen“ zu leben.

Übrigens wache ich nach wie vor tagtäglich neben dem Internat Solling auf! Zumindest indirekt. Mich hat in jede meiner bisherigen Wohnungen, und somit selbstverständlich auch nach Berlin, ein Nachttisch begleitet, den ich noch kurz vor meinem Abitur mit tatkräftiger Unterstützung von Herrn Berthoud fertiggestellt habe. In meinem letzten LSH-Zimmer hingegen – ich habe während des letzten Altschülertreffens die Gelegenheit genutzt, einen Blick hineinzuwerfen – schwebt wohl noch ein wenig der Geist, bzw. Musikgeschmack, meines damaligen Mitbewohners Basti und mir. Obgleich es nun zwölf Jahre her ist, dass wir ausgezogen sind, hingen dort doch tatsächlich (wieder) „Iron Maiden“ Poster!

Da liegt der Gedanke nahe, dass das LSH eine kleine Insel ist und auch hier, ähnlich wie auf dem Wasser, die Zeit schlichtweg anders vergeht. Für mich steht fest, dass der Zeitpunkt des alljährlichen Altschülertreffens ein Fixpunkt in meinem Kalender ist.

Im Oktober 2024.

Friedrich Redlefsen (LSH 2017 – 2024)

Man könnte mich in einen weißen Raum einschließen – solange ich dort ausreichend Zeichenmaterialien zur Verfügung hätte, wäre ich glücklich.

Ich wünsche mir nicht, was ich zeichne. Vielmehr zeichne ich, was ich interessant finde. Meine derzeit liebsten Motive sind schwebende Landschaften und Häuser, die krumm und schief ineinander verwurzelt sind. Nach Versuchen mit verschiedenen Materialien verwende ich momentan am häufigsten Fineliner, da ich es sehr mag, Motive bis in das allerkleinste Detail ausarbeiten zu können. Es war mir eine Überraschung und eine schöne Bestätigung, im Rahmen des „Wefels Preises“ eine Ausstellung und im Rahmen des „Neças Preises“ ein kleines Preisgeld gewonnen zu haben.

Wenn mich ein Thema interessiert, brenne ich wie verrückt dafür! So war es zum Beispiel als kleines Kind mit Schlüsseln. Ich habe als kleiner Pimpf einen riesigen Schlüsselbund mit mir herumgeschleppt, der dank meiner Mutter und Besuchen mit ihr beim Schlosser immer größer und größer wurde. Die Faszination für Schlüssel wurde von der für Helikopter abgelöst, ich konnte sämtliche Flugobjekte dieser Art ihren Herstellern zuordnen. Meine aus Pappe und Stiften selbstkreierten Modelle füllten erst unseren gesamten Keller, bis meine Eltern sie „begeisterten Handwerkern, die sie bei uns gesehen haben“, verkauften. Das habe ich ihnen damals wirklich geglaubt! Meine großartigen Eltern haben mir dann zu meinem 6. Geburtstag einen Helikopterflug geschenkt, das war das Größte! In den USA waren es dann Zauberwürfel, die ich in allerlei Ausführungen hatte und binnen 20 Sekunden (unter Wasser!) lösen konnte… In der 7. Klasse hatten wir im Kunstunterricht bei Frau Weil das Thema „Graffiti“. Diese Phase hielt lange an! Ich habe mich derart tief in das Thema eingearbeitet, dass ich gut genug wurde, um eine Zeitlang meine Motive auf der Seite „Fiverr“ zu verkaufen. In der 11.Klasse musste ich dann feststellen, dass nun „Schule“ einer intensiven Beschäftigung bedurfte und habe mich auch wirklich auf den Hosenboden gesetzt.

Meine Begeisterung hat mit der Entscheidung, Kunst als Leistungskurs zu wählen, zugenommen. Derart stark, dass ich mich an der „AA School of Architecture“ in London beworben habe – und tatsächlich angenommen worden bin. Wunderbarer Wahnsinn und insbesondere deswegen großartig, weil ich alles auf eine Karte gesetzt und mich ausschließlich dort beworben habe! Es erfüllt mich mit unbändiger Vorfreude, an dieser anspruchsvollen, persönlichen und künstlerisch breit aufgestellten Universität lernen zu dürfen. Derzeit träume ich davon, später als Architekt alten Gutshäusern neues Leben einzuhauchen.

Wir haben vor neun Jahren als Familie entschieden, frei nach der Poetryslam-Künstlerin Julia Engelmann das Motto – „Lass uns heut Geschichten schreiben, die wir später gern erzählen!“ – für zwei Jahre in Kalifornien zu leben. Später war ich für ein dreiviertel Jahr in Norwegen auf dem „Outdoor College“, dessen damaliges Konzept Unterricht im Freien, vielen Gruppenprojekten und tagelangen Husky-Touren mir bis heute eine tiefe Verbundenheit mit der Natur brachte. Diese Auslandserfahrungen waren sehr vielfältig und prägend. Unter anderem kann ich mich auf mein Englisch verlassen und weiß, dass es mir gut gelingt, mich in neuen Umgebungen einzufinden.

Was natürlich auch auf meine Internatserfahrung zurückzuführen ist. In unserer Familie mit vier Kindern ist immer viel los, doch ist es ungleich intensiver und herausfordernder, mit Gleichaltrigen auf engem Raum gleichzeitig erwachsen zu werden. Eine Erfahrung, die ich mit meinem Großvater, meinem Vater und seinen Geschwistern und nun wiederum mit meinen Geschwistern teile. Wir sind alle Internatskinder. Insbesondere nach unserer Rückkehr aus den USA waren die kleinen Klassen und der familiäre Umgang am Internat Solling super für mich, um wieder Fuß in Deutschland zu fassen.

Ein bisschen ist meine Zukunft wie der eingangs erwähnte weiße Raum. Ich habe ausreichend Fantasie, um den Raum nach meinem Gusto auszugestalten. Zudem haben mich meine Familie und die Zeit am Internat Solling mit allem ausgestattet, was es benötigt, um nun aus der behüteten Jugend heraus in das Leben als selbstverantwortlicher Mensch zu treten. Ich bin ein wenig aufgeregt und vor allem eines: neugierig – vorfreudig. Next Stop: London!

Im Oktober 2024

Julius (LSH 2021-2024)

Wenn ich jemanden begrüße, ziehe ich nicht den Hut vor ihm. Vielmehr ziehe ich meinen linken Kopfhörer aus dem Ohr, da ich meinem Gegenüber lieber meine ganze Aufmerksamkeit zuteilwerden lasse.

Es ist nahezu unmöglich, mich in meiner Freizeit ohne Musik auf den Ohren anzutreffen! Musik ist mein Anker, der sich nicht in einem festgelegten Fahrtwasser bewegt – ich mag viele unterschiedliche Genres, so zum Beispiel Filmmusik, Techno und Rock. Das freie Abzappeln und genussvolle Abtauchen in Musik stellen für mich einen wichtigen Ausgleich dar. Bei guter Musik muss ich einfach auf die Tanzfläche, da gibt es kein Halten!

Mehr noch als das Tanzen genieße ich den Austausch mit anderen Menschen. Meine Freude an Interaktion war auch mein Motiv dafür, mich als Schulsprecher aufstellen zu lassen. Da ich von rund 90% der derzeitigen Schülerschaft Vor-und Nachnamen kenne, fühle ich mich derart zu Hause in der Schulgemeinschaft, dass ich meinen Mitschüler:innen gerne etwas zurückgeben und ihnen Sprachrohr sein wollte. Dazu gehört auch, meine Begeisterung für das Kino zu teilen; ich habe so manches Mal größere Gruppen dazu bewegen können, gemeinsame Kinobesuche zu erleben! Ich genieße es insbesondere als Einzelkind, hier mit vielen „Geschwistern“ zusammen zu leben und sowohl an, als auch in der Gemeinschaft zu wachsen. Ich mag unglaublich viel am Leben hier am Internat, ganz besonders wichtig sind mir aber die allabendlichen Gespräche mit meinen engsten Freunden geworden, in denen wir über Gott und die Welt diskutieren. Mein Interesse an Menschen und ihre Sicht auf die Welt ist selbstverständlich nicht auf meinen engsten Kreis beschränkt – ich nehme mir gerne für jeden Menschen Zeit.

Nun, nach dem absolvierten Abitur, strebe ich es an, mich in mehreren Praktika gründlich mit meinen Interessengebieten auseinanderzusetzen. Dadurch vermeide ich es, ein Studium in einem Fachgebiet zu beginnen, das mich letztendlich nicht glücklich macht. Ich werde mittels eines Praktikums in den USA meine Englischkenntnisse vertiefen, mich näher mit dem Thema Architektur befassen und möchte auch das Fotografieren, das mir als sehr visueller Mensch viel Freude bereitet, nicht aus den Augen verlieren. Die Drohnenaufnahmen vom Internat, die sich auf unserer Homepage befinden, habe ich gemacht! Die dadurch erlebbare Vogelperspektive ermöglicht einen völlig neuen, weiten Überblick, den ich sehr schätze.

Die Zukunft lässt sich nicht genau planen, dessen bin ich mir bewusst. Ganz sicher bin ich mir jedoch in Bezug auf die in meiner Zeit am Internat Solling entstandenen, tiefen Freundschaften. Die werden in meinem Leben bleiben.

Im Juli 2024

Dodo

Ich bin davon überzeugt, dass ich vom lieben Gott das volle Paket abbekommen habe – eine harmonische Herkunftsfamilie, einen festen Freundeskreis voller geliebter Personen und darüber hinaus fällt mir die Schule nicht allzu schwer. Obgleich ich somit alle Möglichkeiten hätte, voll und ganz aus dem Herzen heraus zu leben, entgleitet mir hin und wieder die Lebensleichtigkeit. Das ärgert mich, da ich ein Leben im Einklang mit mir und den mir wichtigen Menschen, ein Leben in Dankbarkeit, Tiefe und Leichtigkeit anstrebe.

Es ist diesem Ziel definitiv dienlich, dass wir im engen Kreis Tacheles miteinander reden und somit eine konstruktive Kommunikation herrscht. Dies rückt einen festgedachten Kopf ja doch gründlicher und eventuell auch schneller wieder gerade als ein höflichkeitsbelastetes Drumherumreden.

Ich lege großen Wert auf Traditionen und die damit einhergehenden feinen Umgangsformen, wobei ich – bei aller Wertschätzung – mich aber auch deutlich dafür ausspreche, althergebrachte Dinge kühlen Kopfes auf ihre Wert- und Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Manche sind schlichtweg überholt. Unsere Familien – Tradition jedoch, den ostfriesisch – familiären um den internationalen Horizont am LSH zu erweitern, die halte ich für unentbehrlich, solange man ein Typ fürs Internat ist. Hier gilt selbstverständlich: Was für mich gut ist, muss es nicht automatisch auch für andere sein.

Ein für mich unabdingbar schönes Gefühl ist das Vertrauen und der bedingungslose Rückhalt, den ich durch meine Eltern erfahre. So halten sie mir zum Beispiel die Berufswahl offen. Eigentlich ist mir nämlich vorherbestimmt, den Familienbetrieb zu übernehmen. Früher dachte ich immer, es könne mir zu langweilig sein, in die familiären Fußstapfen zu treten, doch lebt mein Vater, der mir wie auch meine Mutter Vorbild in Vielem ist, vor, dass man seine Kreativität in Alles einfließen lassen kann und auch das Leben einer Tradition von Individualität, Freiheit und Innovation geprägt sein kann. Somit kann ich mir zum derzeitigen Zeitpunkt durchaus vorstellen, später im Leben seine Aufgabe und die damit einhergehende Verantwortung zu übernehmen.

Vorher jedoch möchte ich möglichst viele Erfahrungen sammeln. Da mir im Leben schon so viel Liebe geschenkt worden ist, möchte ich meiner Umwelt und meinen Nächsten Liebe zurückschenken. Ich möchte meinen tiefen Glauben und meine Dankbarkeit ausleben, um die Welt wenigstens ein bisschen positiver zu gestalten und das Negative zu bekämpfen. Aus diesen Gründen werde ich nach meiner Zeit am LSH für ein Jahr zum Bund gehen, im Anschluss daran wahrscheinlich die Welt bereisen, sozial dienen und eventuell international studieren.

Auch wenn das Leben in einer derart großen, kommunikativen Familie (wir sind vier Kinder) durchaus auch eine Schulung in Sozialkompetenz darstellt, so bin ich doch davon überzeugt, hier am Internat Solling unheimlich viel dazu gelernt zu haben, das sich nicht in schulischen Noten darstellen ließe. Das Leben in einer derart großen, engen Gemeinschaft mit den allerunterschiedlichsten Charakteren aus vielerlei Nationalitäten hat mich definitiv Geduld gelehrt. Auch versuche ich zunehmend, nicht die hohen Ansprüche, die ich an mich selber stelle, auf mein Umfeld zu projizieren. Wir alle müssen akzeptieren und respektieren, dass jeder ein eigener Mensch, mit seinen eigenen Wegen, seiner eigenen Geschichte und seinem individuellen Tempo ist.

Was ich neuen LSHlern mitgeben möchte? Traut Euch! Seid Ihr selbst! Erst dann, wenn Ihr ganz bei Euch seid, könnt Ihr die herrlichen Chancen, die das Leben auf dem Internat Solling bietet, voll und ganz ergreifen. Wichtig ist dabei, immer in ehrlicher und tiefer Kommunikation mit Euch selbst und den Euch wichtigen Menschen zu bleiben und ihr Wohlergehen und das Wohlergehen aller in Einklang mit einem gesunden Egoismus zu bringen.

Kein Mensch ist alleine. Wir LSHler, wir schon mal gar nicht!

im Juli 2024

Ulrich Sander

Ulrich Sander (LSH 1980 - 1985)

„Am Ziel deiner Wünsche wirst du jedenfalls eins vermissen: dein Wandern zum Ziel.“ (Marie von Ebner-Eschenbach).

Genauso ergeht es mir. Habe ich etwas erreicht, auf das ich (mitunter über einen langen Zeitraum) hingearbeitet habe, so verspüre ich natürlich Freude darüber. Doch ergreift auch umgehend eine unruhige Leere von mir Besitz. Was letztendlich zu einem bewegten Leben; überwiegend zu Erfolgen, selbstverständlich aber auch Niederlagen beitrug. Und definitiv auch dazu, dass ich nie „das Söhnchen fertigen Geldes“ war; ein Vorurteil, dessen ich mich Zeit meines Lebens erwehrt habe.

Meine Internats-Laufbahn begann für zunächst drei Jahre am Internat Salem, bis ich 1980 an das LSH wechselte. Bedingt freiwillig, denn mir wurde aufgrund von „Unstimmigkeiten“ mit meinem damaligen Klassenlehrer in Salem nahegelegt, ein Trimester lang entweder „nur“ externer Salemer zu sein – oder eben ein Schuljahr woanders zu verbringen. Da Holzminden auch im wahrsten Sinne des Wortes nahelag – mein Elternhaus ist in Volpriehausen –, das Internat sich von den turbulenten Zeiten Anfang der 70iger erholt hatte und zudem Dr. Bueb (Leiter Salems und Stiftungsratmitglied im LSH) Helmut Brückner, der seit 1978 Leiter des LSHs war, in höchsten Tönen lobte (wie wir heute wissen: absolut zu Recht!), wurde ich LSHler. Womit ich letztendlich einer Familientradition folgte, da sich seit 1912 Mitglieder unserer Familie in der Schülerschaft des LSHs befanden.

Was eigentlich als Überbrückungsjahr geplant war, stellte sich rasch als „the place to be“ für mich heraus. Meine schulischen Leistungen waren im überschaubaren Bereich; umso stärker und ungleich erfolgreicher war ich im sozialen Netzwerk des Internates vertreten. Um aus einem von H. Brückner ausgestellten Referenzschreiben zu zitieren:“ (…) Die herausragende Tätigkeit bestand jedoch darin, daß Ulrich Sander zum Schülersprecher gewählt wurde…. Eine besondere Anerkennung seiner Fähigkeiten und seiner Tätigkeit zeigte sich darin, daß er für das Schuljahr 1984/85 zum Landesvorsitzenden der Schülervertreter in der Arbeitsgemeinschaft “ Freie Schulen in Niedersachsen“ gewählt wurde (…) „. Es gab tatsächlich eine Zeit, zu der ich zugleich die Disco und die Feuerwehr geleitet habe und im PV tätig war!

Dieser soziale Aspekt begleitet mich seit dem Internat. Immer wieder erbringe ich gern pro bono Engagement; unter anderem auch für das LSH.

Recht früh in meinem Leben zeigte sich eine Neigung zur rechtlichen Argumentation. Mein Vater sagte mir als Siebenjähriger, dass ich der geborene Anwalt sei, weil ich mich so hervorragend aus Dingen herausargumentieren und eloquent Sachverhalte in das meiner Meinung nach richtige Licht rücken konnte. Dies sollte mir nicht nur als Schulsprecher zugutekommen; nach absolvierter Bundeswehr wählte ich 1987 Jura als Studienfach. Nach sechs Semestern in Passau wechselte ich nach Göttingen, wo ich mit Freund und Altschüler Ingo Paeske eine fidele, trinkfeste Wohngemeinschaft gründete. Im Anschluss an mein Examen trat ich 1992 mein Referendariat in einer renommierten wirtschaftsrechtlichen Sozietät in Hannover an und tauchte derart schnell in das Arbeitsleben ein, dass meine Dissertation nie über das Festlegen eines Themas hinauskam – sie fiel schlichtweg dem schnöden Mammon zum Opfer.

1994 hatte ich in Berlin das Glück, an der Privatisierung des VEB Kombinat Umformtechnik „Herbert Warnke“ in Erfurt mitwirken zu dürfen. Dies führte 1995 zu einem Ruf als Syndikus der privatisierten Umformtechnik, sowie zur Gründung einer eigenen Kanzlei in Erfurt.

Auch wenn unser familiärer und beruflicher Lebensmittelpunkt seit 2007 wieder Volpriehausen ist, sind wir nach wie vor eng mit Thüringen verbunden. Meine wunderbare Frau Ursula als Geschäftsführerin des Industrieclubs Thüringen und ich durch mehrere relevante, teilweise seit 1995 bestehende, Dauermandate.

Wer mich kennt, weiß um meine Affinität zum Adel. Als der thüringische Standesbeamte sich 2000 im Zuge unserer bevorstehenden Eheschließung nahezu devot erkundigte, ob der künftige Familienname zutreffend „Freiherr von Sander-Waldstätten“ laute, muss er diese erahnt haben. Gleichwohl widerstand ich der Versuchung tapfer.

Unsere drei prachtvollen Söhne wachsen in doppelter Hinsicht im Solling auf: Zwei unserer Söhne sind mittlerweile auch LSHler und führen die Tradition fort! 2021 degenerierte unser Haushalt binnen eines Jahres also von einem Fünfpersonenhaushalt mit zwei Hunden zu einem Zweipersonenhaushalt mit zwei Hunden. Unser Erstgeborener, Ferdinand, zog in eine Einrichtung für Autisten und unsere beiden anderen Söhne, Benedikt und Constantin, zog es ans LSH. Ich muss gestehen, so ganz habe ich mich noch nicht daran gewöhnt. Es gibt für mich einfach nichts Schöneres, als wenn alle gemeinsam an einem Tisch versammelt sind, miteinander essen und sich austauschen, während die Hunde um uns herumtoben! Da ich jedoch aus eigener Erfahrung weiß, wie viel über die Schulbildung hinaus am Internat Solling vermittelt und in das Leben mitgegeben wird, überwiegt die Freude für unsere Söhne jedweden Trennungsschmerz. Zumal sie ja häufig mit Freunden bei uns sind, und wir miteinander lebhafte Mahlzeiten genießen.

Im Dezember 2023 durfte ich das 60. Lebensjahr vollenden. Werde ich nach einem Credo gefragt, so lautet dieses:
„Die wesentlichen Dinge, um im Leben Glück zu erlangen, sind: etwas zu vollbringen, etwas zu lieben und auf etwas zu hoffen.“

Das LSH leistete und leistet noch heute einen wertvollen Beitrag dazu, dass ich mich von meinem Credo nicht allzu weit entfernt fühlen darf. Wofür ich sehr dankbar bin.

im Mai 2024

Wir sind Euer PV

Wir sind Euer PV

Auch wenn wir uns sehr stark als gemeinsam agierende Gruppe verstehen, möchten wir uns Euch, liebe Schulgemeinschaft, gerne kurz individuell vorstellen. Vielleicht macht dies es Euch leichter, mit Problemen, Wünschen und Vorschlägen auf uns zuzukommen, wenn Ihr uns noch nicht persönlich kennen solltet?!

Guude! Ich bin Adam, 17 Jahre alt und vor 1,5 Jahren aus dem Raum Frankfurt hier her ans Internat Solling gekommen. Lustigerweise hat mein PV-Kollege Bene damals die Führung mit mir gemacht und das so dermaßen überzeugend, dass wir einander nun nahezu täglich sehen! Neben formellen Verbesserungen im Internatsalltag – wie zum Beispiel eine Auffrischung des Sport-Equipments – ist es ein mir wichtiges Anliegen, den Musik- und Sportbereich bei uns am Internat zu stärken und zu erweitern. Ich lebe in der Kam Papadopoulus. Das Dasein als Schüler am Internat Solling sehe ich als meinen Job an – mein Einsatz für den Zusammenhalt unserer Schulgemeinschaft ist privater Natur.

Hier Bene. Ich bin gerade 18 Jahre alt geworden. Obgleich das LSH mir durch meinen Vater, der Altschüler ist, quasi in die Wiege gelegt worden ist, war ich zunächst zögerlich, was einen Wechsel an das Internat anging. Mittlerweile kann ich mir gar kein anderes Leben mehr vorstellen als das hier. Und ich übertrage das bei mir Zuhause im ländlichen Raum selbstverständliche gesellschaftliche Engagement derart auf das Internat, dass ich mich im PV für unsere Gemeinschaft einbringen möchte. Ich lebe in der Kam Gogreve. Viele von Euch kennen mich wahrscheinlich in meiner Funktion als Chef der Disco Mannschaft. Da diese in den vergangenen Monaten stark geschrumpft ist, setze ich mich u.a. dafür ein, diesen für stufenübergreifendes Beisammensein so wichtigen Ort wieder stärker in unser aller Fokus zu rücken und ein neues Team zusammenzustellen.

Mein Name ist Luca, ich bin 18 Jahre alt und seit einem Jahr hier am Internat Solling. Ich gehe von der Kam Loske aus zum Rugby-Training und zu (sehr) vielen anderen Aktivitäten hier am Internat. Da ich im Alter von 11 bis 14 Jahren an einem Internat in Schottland war und mir das Internatsleben sehr gut gefallen hat, konnte ich meine Eltern anlässlich des in der 10. Klasse sowieso anstehenden Schulwechsels davon überzeugen, wieder auf einem Internat leben und lernen zu dürfen. Da ich die Arbeit, die der „Vorgänger-PV“ geleistet hat, großartig fand und mich auch selber bestmöglich in unsere Gemeinschaft einbringen möchte, habe ich mich von meiner Freundin und Mitbewohnerin Julia motivieren lassen, mich aufzustellen zu lassen.

Moin! Ich bin Max-Henry, 16 Jahre alt und in meinem 3. Jahr hier in Holzminden. Die positive „Schuld“ daran trägt meine ältere Schwester, die Altschülerin ist und mir derart von dem Leben hier am Internat Solling vorgeschwärmt hat, dass ich mir das auch mal anschauen wollte – und blieb! Ihr findet mich im Mittelhaus in der Kam Fernandez. Im vergangenen Jahr wurde mir immer stärker bewusst, dass es mir nicht ausreicht, „nur“ für Personen in meinem engen sozialen Umfeld ein offenes Ohr zu haben. Ich möchte gerne für die Gesamt-Schulgemeinschaft einstehen und freue mich, dies als Vertreter der Mittelstufe im PV tun zu dürfen.

Hallo, ich bin Florentine, 17 Jahre alt und mittlerweile in meinem 3. Jahr hier am Internat Solling. Ich wohne im Oberhaus in der Kam Stelzer und liebe an unserer Schulgemeinschaft ganz besonders, dass wir einander über den schulischen Tellerrand hinweg auch menschlich-privat begegnen. Umso glücklicher bin ich, dass ich meine Eltern davon überzeugen konnte, dass das Internat der richtige Ort für mich ist! Meine große Freude an unserer Gemeinschaft ist auch mein Beweggrund dafür, im PV mitzuarbeiten – ich möchte nicht, dass Menschen hier unzufrieden sind. Einer meiner Schwerpunkte in der Arbeit im PV ist, stufenübergreifende Aktivitäten ins Leben zu rufen.

Letztendlich sind wir als PV ein kleines Spiegelbild unserer LSH-Gemeinschaft – fünf Individuen, die im gemeinsamen Lebensumfeld das kollektive Ziel haben, am Internat einen guten Schulabschluss zu erlangen und zudem eine gute Zeit mit anderen LSHlern zu verleben.

Das Hauptziel von uns als PV ist, das gelebte Miteinander verstärkt in unser aller Fokus – dies inkludiert selbstverständlich auch die Lehrenden, auch sie leben UND arbeiten hier – zu rücken. Deshalb wollen wir die gemeinsamen Samstagabende in der Disco attraktiver gestalten und streben an, stufenübergreifende Aktivitäten, wie zum Beispiel ein Sommerfest, zu etablieren. Darüber hinaus haben wir uns bereits zum Beispiel für einen Wasserspender im Gym und eine teilweise Erneuerung des Sport-Equipments stark gemacht. Auch wollen wir uns verstärkt der Schützen annehmen, um es ihnen leichter zu machen, sich in der Schulgemeinschaft einzuleben. Liebe Schützen, wir sehen Euch – können aber Eure Gedanken nicht lesen. Bitte sprecht uns gezielt an, so dass wir uns für Euch und Eure Anliegen stark machen können! Selbstverständlich gilt dies für jede Person unserer Schulgemeinschaft. Wie heißt es so schön? „Gemeinsam sind wir stark“!

Für dieses starke Gefühl investieren wir Fünf gerne die Zeit, eine gemeinsame Word-Datei mit Euren und unseren Ideen zur Optimierung des Lebens am LSH zu führen und die darauf festgehaltenen Punkte umzusetzen. Dies tun wir, indem wir allwöchentlich am Ständerling und der Hausleitersitzung teilnehmen, einmal die Woche mit Frau Dr. Oswald zusammen sitzen, Teilnehmer:innen der Demokratie-Werkstatt sind und uns bei einem wöchentlichen Jour-Fixe austauschen, wie der aktuelle Stand bei den verschiedenen Themen ist. Was sich hier gerade einfach „nur“ nach einem enormen Zeitaufwand anhört, ist für jeden Einzelnen von uns eine Herzensangelegenheit. Wir alle sind wahnsinnig gerne LSHler. Mit Kopf, Herz und Hand wollen wir alles uns Mögliche dafür tun, dass jede hier lebende, lehrende und lernende Person genauso gerne hier lebt, lehrt und lernt wie wir.

im April 2024

Hugo

Hugo (LSH seit 2020)

Es gibt nichts Schöneres, als glücklich zu sein und wenig Schlimmeres, wenn man es nicht ist. Aber vielleicht macht genau dieses Gefälle die glücklichen Momente so kostbar. Meines Erachtens kann man sein Glück nicht vollends selber beeinflussen, es schwingt immer ein Hauch von „Zufall“ mit.

Umso unzufriedener bin ich damit, dass ich so schlecht darin bin, Freundschaften und Kontakte (die ja letztendlich menschliche Glücksfälle sind) über soziale Medien zu pflegen. Das Konzept fernmündlicher Kommunikation, sich ohne wirklichen Anlass beieinander zu melden, erschließt sich mir zwar – liegt mir aber nicht. Sehr viel lieber telefoniere ich mal ausgiebig, als mit Freunden gegenseitig ein Foto über eine App auszutauschen. Ich sehe für mich persönlich keinen Mehrwert im bloßen Austausch von Bildern, zumal diese allzu oft geschönt sind. Zum Glück akzeptieren mich meine Freunde so wie ich bin und so habe ich auch nach mittlerweile vier Jahren am Internat Solling noch gute Freunde in Frankfurt. Wenn ich dort bin, genießen wir miteinander das, was unter anderem Freundschaften ausmacht: echte, gerne auch stundenlange Gespräche über Gott und die Welt. Solche Momente passieren hier am Internat derart häufig, dass man aufpassen muss, sie noch gleichwertig zu schätzen.

Dass ich hier am Internat Solling bin, ist schlussendlich Corona geschuldet. Obgleich ich den Online-Unterricht ganz gut gemeistert habe, hing ich in den Augen meiner Mutter zu viel ab. Da sie zudem der Überzeugung war, dass ich mich im Internatskontext wohlfühlen würde, hat sie mir vorgeschlagen, es mit dem LSH und dem hier innerhalb der Gemeinschaft weniger eingeschränkten Leben zu versuchen. Darüber hinaus waren ein Onkel und eine Tante von mir bereits auf dem LSH und so war die Idee, nach Holzminden zu gehen, eine naheliegende. Da ich drei Geschwister habe, fiel es mir leicht, mich hier in das Miteinander einzufinden und so wurde aus der mit meiner Mutter vereinbarten „Probezeit“ binnen des ersten Halbjahres ein „hier möchte ich bleiben“. Mittlerweile überlegt sich meine jüngere Schwester, ob auch sie LSHlerin werden möchte! Gut vorbereitet darauf ist sie garantiert, so nach dem Zusammenleben mit drei älteren Brüdern.

Nun, da mein Abitur in Sichtweite ist, vermischen sich Unlust auf die Prüfungen, Abschiedsschmerz und Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt. Der bereits fest verplant ist: Ich werde mich sehr wahrscheinlich vorerst bei der Bundeswehr verpflichten. Sowohl mein Vater, als auch einer meiner Brüder waren bei der Bundeswehr und haben durchgehend tolle Geschichten aus dieser Zeit erzählt. Zudem verschaffen mir diese Ausbildungsjahre zum Reserveoffizier einen zeitlichen Puffer, währenddessen ich mir in aller Ruhe Gedanken darüber machen kann, was ich studieren möchte. Derzeit weiß ich lediglich, dass ich studieren möchte, kann und mag mich aber noch nicht festlegen. Da stehe ich doch lieber vorerst auf finanziell unabhängigen Füßen, kann für eventuelle spätere Reisen sparen und tue etwas Sinnvolles, statt nur um des Studieren Willens einfach irgendeinen klassischen, meinem Notendurchschnitt entsprechenden Studiengang zu beginnen. Ein Notenschnitt, der übrigens gerne besser sein darf als der meiner beiden älteren Brüder! Bei aller geschwisterlichen Zuneigung sind wir durchaus kompetitiv im Umgang miteinander, sei es beim Spielen von „Backgammon“, „Kuhhandel“, „Ligretto“ oder im sportlichen Wettkampf. Letzteres auch auf Skiern (zum Leidwesen unserer Mutter)! Ich werde bei der Bundeswehr sicherlich auch von meiner Internatserfahrung profitieren, ich bin ja an das Leben in einem vorgegebenen Regelwerk gewöhnt – auch wenn das der Bundeswehr sicherlich sehr viel strikter sein wird. Was mich nicht abschreckt, ich mag es, wenn Dinge klar formuliert sind und somit Orientierung geben. Selbiges gilt für die „Stuben- und Spindordnung“, die kommt mir als einem Menschen, den zu viel Unordnung nervös macht, entgegen! Womit ich nicht behaupten möchte, es sei bei mir immer pikobello aufgeräumt. Vielmehr unterliegt mein Zimmer einer Art Konjunkturzyklus – meine Ordnung liegt brach und steigt dann wieder steil an!

Vielleicht hängt es mit meiner positiven Einstellung gegenüber Regelwerken zusammen, dass ich manche Rituale und Traditionen sehr schätze. Was, entgegen vieler Vorurteile, nicht mit dem „von“ zwischen meinem Vor- und Nachnamen zusammenhängt! Diese drei Buchstaben sind einfach da, das macht nun wirklich keinen Teil meiner Persönlichkeit aus. Da ich eine Person bin, die durchaus auch mal ihre Ruhe braucht, genieße ich es zum Beispiel sehr, aus Familientradition heraus zur Jagd zu gehen und währenddessen Zeit in der Natur zu haben, die allein mir und dem Naturerlebnis gehört. Die Jagd entstammt der Tierliebe, dies ist mir sehr wichtig! Das mir wichtigste Ritual ist, Silvester mit der gesamten Familie zu begehen. Dafür verzichte selbst ich als kleiner Pyromane gerne auf lautes Böllern und Feiern mit Freunden. Der Wert meiner Familie und dessen, wie behütet ich groß werden durfte ist mir nicht zuletzt deshalb so sehr bewusst, weil wir vor fünf Jahren unseren Vater an einen Hirn-Tumor verloren haben. Ich weiß, wie es ist, wenn Glück ganz weg ist. Ich weiß aber auch, dass es verlässlich immer wieder unvorhergesehen hervorblitzt. Dieses Wissen lässt die Abwesenheit von Unglück erträglicher sein.

Im Februar 2024

Paul ( LSH seit 2022 )

Ich laufe, um anzukommen. Das Laufen an sich ist für mich mittlerweile ein automatisierter, dadurch fast schon “langweilig“ zu nennender Vorgang, und da ich die Laufstrecken (in den eineinhalb Jahren, die ich mittlerweile am Internat Solling bin, dürfte ich rund 3000 Kilometer gelaufen sein) gut kenne, ist auch die Umgebung nicht mehr sonderlich spannend für mich. Das Ankommen an sich, das Erreichen des Ziels – das ist ein Moment, dessen ich nicht müde werde.

„Nicht müde werden“ ist etwas, das sich wie ein roter Faden durch mein Leben zieht. Es heißt, ich würde mir meine Tage zu voll packen. Hier eine wahrscheinlich unvollständige Liste meiner nebenschulischen Aktivitäten: Badminton, Basketball, Handball, Fußball, Leichtathletik, Schwimmen, Schach, die naturwissenschaftliche Wettbewerbs-AG, Mathe-AG, Demokratie-Werkstatt, BiBo-Dienst, Sanitätsdienst, Jung trifft Alt, Theater-AG, Film-AG, THIMUN,… Meines Erachtens kann man nicht zu viel machen, man kann sich nur überfordern. Ich fühle mich in keinster Weise überfordert – vielmehr bin ich schlichtweg vielinteressiert und starte gut gelaunt in jeden einzelnen Tag!

Frei nach dem Offizier der Elite-Einheit „Navy Seal“, William Mc Raven, der da sagte: „Wenn ihr die Welt verändern wollt, müsst ihr damit anfangen, euer Bett zu machen“ ist diese ordnende Tätigkeit tagtäglich meine erste. Ja, ich möchte tatsächlich die Welt verändern – bzw. Spuren hinterlassen. Mein ursprünglicher Zukunftsplan sah ein naturwissenschaftliches Studium in Mathe/Physik oder Medizin vor. Doch bin ich in dem kulturellen Miteinander hier am Internat Solling mit spannenden, anderen Weltbildern konfrontiert worden, die meinen Blick auf die Zukunft verändert haben. Derzeit kann ich mir tatsächlich vorstellen, in die aktive Politik zu gehen. Unsere jetzige Welt braucht insbesondere in der Politik neue, junge Ideen und Kraft!

Mein „volle Kraft voraus“ ist intrinsischer Natur. Was es nicht eben leichter macht, mich zu bremsen – bzw. einfach mal mit vollbrachten Leistungen zufrieden zu sein. Dies gelingt mir bisher eher selten. Trotzdem würde ich mich nie als Perfektionisten bezeichnen; ich lebe und leiste vielmehr sehr gut nach dem Pareto-Prinzip (das Pareto-Prinzip besagt, dass 80% der Ergebnisse mit nur 20% des Aufwands erzielt werden können. Es wurde nach Vilfredo Pareto benannt). Das meiste von dem, was ich mache, mache ich sehr gerne gemeinsam mit anderen. Was sollte es denn sonst sein, was wichtig im Leben ist, wenn nicht, etwas mit anderen gemeinsam zu erleben?! Geteilte Freude ist vervielfachte, davon bin ich überzeugt. So verdoppelt es zum Beispiel meine Begeisterung für das Theaterspielen, dies gemeinsam mit anderen zu tun. Nicht nur, dass ich mich selber in eine völlig andere Rolle hineinbegeben darf, ich kann während des gemeinsamen Erarbeitens und Darbietens eines Stücks auch meine Mitspielenden ganz anders und neu erleben. In meiner Heimatstadt Hamburg war ich an der „Stage School Hamburg“ und es freut mich natürlich außerordentlich, dass das Theater auch hier am Internat Solling einen hohen Stellenwert hat.

Kurz bevor ich zwecks Schulantritt nach Holzminden gereist bin, hatte ich auf einmal Zweifel. Wie wird es mir ergehen, lohnt es sich, für das Internat meine Schulzeit um ein Jahr zu verlängern (ich war auf einer G8-Schule), oder ist es verschenkte Zeit? Mittlerweile weiß ich, dass die Entscheidung, mich auf ein Stipendium zu bewerben, eine sehr gute war! Nicht nur, dass ich, der früher auf Klassenfahrten immer Heimweh hatte, in meiner Kam das Gefühl habe, als hätte ich noch mehr Brüder als vorher. Darüber hinaus habe ich mich hier am Internat Solling insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich sehr zum Positiven entwickelt; ich komme viel stärker aus mir heraus und genieße es natürlich, meinen unzähligen Interessen geballt auf unserem Gelände nachkommen zu können. Meine persönliche Definition von Langeweile ist „über eine lange Dauer hinweg immer nur dasselbe machen“ – ein Gefühl, dass hier definitiv nie aufkommt. Vielmehr noch: Meine gesamte Zukunft profitiert schon jetzt von meiner Zeit am Internat Solling. Somit ist es ganz sicher keine „verschenkte“, sondern vielmehr eine mein Leben beschenkende Zeit hier in Holzminden.
Mal gucken, wo mein persönlicher Zieleinlauf sein wird.

im Januar 2024

Ellen Runte ( LSH seit 2022)

Ich bin mehr Karlsson vom Dach als denn Pippi Langstrumpf, mehr Bezugs-, als Autoritätsperson, mag auch eigentlich ein gewisses Maß an Ungehorsam – bin mir meines pädagogischen Auftrages aber dennoch bewusst. Und in all dem bin ich vor allem eines: wahnsinnig gerne Lehrerin! Genau genommen habe ich einen Großteil meines Lebens in meinen beiden Leistungskursen Deutsch und Englisch zugebracht – erst hinter einem Schultisch, dann vor der Schultafel. Vor Schultafeln befinde ich mich als Lehrende seit rund 23 Jahren, vor denen des Internats Solling seit August 2022.

23 Jahre Tätigkeit als Lehrerin sind für eine, die genau das nie werden wollte, eine ganz schön lange Zeit! Doch bin ich in meinem ersten Studium an mir, an meiner damaligen Schüchternheit gescheitert. Das Studium der Sinologie bedeutete nun mal auch, sich nach China zu begeben – das habe ich damals nicht über mich gebracht und mich stattdessen auf den Ratschlag meines Vaters besonnen, dass es mir schon immer Freude bereitet habe, anderen Personen Wissen zu vermitteln. Er hatte Recht, ich kann mir inzwischen keinen anderen Beruf mehr für mich vorstellen. Ich genieße es, täglich durch immer wieder andere Unterrichtsbegebenheiten gemeinsam mit unseren Schüler:innen neugierig bleiben zu dürfen und dazuzulernen. Insbesondere in meinem Drittfach „Darstellendes Spiel“ erschaffen wir miteinander auf Augenhöhe etwas Neues.

Da es mir als verbindlicher Mensch wichtig ist, Bindung zu meinen Mitmenschen aufzubauen, fühle ich mich am Internat Solling auf eine sehr erfüllende Art und Weise neu in meinem Beruf angekommen. Das Erleben der Schüler:innen über das Läuten der Pausenglocke hinaus ermöglicht eine völlig neue Beziehungsarbeit und auch immer wieder erweiternde Blickwinkel auf Menschen des beruflichen Umfeldes. Ich liebe es, mich hier mit meiner ganzen Person einbringen zu können! Was für ein Geschenk, meinen Beruf nach all diesen Jahren in dieser Weise er-leben zu dürfen. Mit Beginn des Schuljahres 2023/24 erfährt diese Freude noch eine Steigerung, da ich im Oberhaus eine Kam übernommen habe. Während des Einrichtens meiner „Internats – Wohnung“ hatte ich ein fast studentisches Lebensgefühl – und habe sie mir mit Hilfe einiger schönen Vintage – Möbelstücke wohnlich gemacht. Maximal minimalistisch. Um aus einem meiner Lieblingsbücher, „Das Buch vom Tee“ zu zitieren: „Der Raum zwischen den Dingen ist so wichtig wie die Dinge selbst“. Wenige Dinge um sich zu stellen gewährt freien Platz für Ruhe; Augen und somit auch der Geist können verweilen. Ist unsere Welt doch bereits übervoll. Um die Straßen nicht auch noch voller werden zu lassen, haben wir auch kein eigenes Auto, sondern mieten bei Bedarf ein Stadtteilauto. Zu meiner Familie, die nach wie vor in Göttingen lebt, reise ich mit dem Überlandbus. Es hat mich überrascht, selbst im Jahre 2023 noch sehr kritisch gefragt zu werden, wie ich denn „meine Familie in Stich lassen könne“. Würde ein Mann mit dieser Frage konfrontiert werden? Ich glaube mal kaum! Hier am LSH darf ich meinen Beruf als Berufung erkennen und fühle mich wie ein Fisch im Wasser. Somit gilt „happy wife, happy life“ und unsere familiären Bindungen erfahren eine Frischzellen-Kur.

In all dem Neuen ist unser Hund Knut mir eine treue Konstante, dank ihm nehme ich mir auch die Zeit, all die schöne Natur um unser Gelände ausführlich zu genießen. Um dann, gründlich durchgelüftet, mit einem tiefen Atemzug wieder voll in das Internatsleben einzutauchen. Da bin ich ganz und gar gerne.

im November 2023

Dipl.-Ing./Dipl.Brm. Michael M. Braitinger (LSH 1966 – 1971)

Dank meiner Zeit am Internat Solling, insbesondere dank der wunderbaren Pädagogik der beiden (Lehrer-) Ehepaare Zuckschwerdt und Herrenbrück, ist es mir gelungen, meine unbändige Energie in positive, verantwortungsvolle Bahnen zu lenken. Ich bin davon überzeugt, dass ich ohne das LSH maximal mit mittlerer Reife die Schule beendet oder gar eine illegale Karriere angestrebt hätte! Der frühere „Braitmops“ mit Klassenclown–Qualitäten ist heute ein schriftstellernder Gutachter, der über viele Jahre in Krisengebieten und entsprechend gefährlichen Situationen für die Wirtschaft (zum Beispiel den ICC Paris), für Versicherungen und auch für Regierungen tätig war, bzw. ist.

Nach einem kurzen Ausflug in ein BWL- Studium habe ich nach einer Kurzlehre zum Bierbrauer im Anschluss daran an der TU München Brauwesen studiert und war auch einige Jahre lang international im Management dieses Umfelds tätig. Ostasien, der vordere Orient… meine Flugmeilen waren durchaus sehenswert! Als ich dann im Jahre 1980 in den Krieg zwischen Iran und Irak geraten und nur auf sehr abenteuerlichen Wegen aus dem Kriegsgebiet rausgekommen bin, hat meine damalige Frau berechtigt ihr Veto eingelegt. So zogen wir erst nach Österreich, wo ich Betriebsleiter einer Brauerei wurde und später, als die Kinder eingeschult werden sollten, zurück nach Deutschland. Um meinen unruhigen Geist zu beschäftigen, schrieb ich mich neuerlich an einer Universität ein und studierte berufsbegleitend in Geisenheim Önologie. Mit meinem Diplom in der Tasche habe ich mich anschließend als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und juristischer Gutachter für Maschinen und betriebliche Einrichtungen selbstständig gemacht. Was wiederum mit vielen Reisen verbunden war, da ich u.a. für das Schiedsgericht Paris gearbeitet habe. Leider zerbrach meine Ehe an diesen vielen Abwesenheiten. Neben meiner Selbstständigkeit als Gutachter/Sachverständiger (SVB) habe ich ein Unternehmen aufgebaut (Braitinger & Partner), in welchem ich spezielle Beratung im technischen Anlagenbau anboten habe, und zudem eines, dessen Schwerpunkt die technische Unternehmensberatung ist (SCB GmbH). Die zuvor bereits erwähnte unbändige Energie wollte darüber hinaus kanalisiert werden und so nahm ich den losen Lebensfaden des unvollendeten BWL-Studiums in der Form wieder auf, dass ich 25 Jahre später am PhD Programm der Mendelova Business und Management Universität teilgenommen habe. Meine fertige Doktorarbeit habe ich leider nie eingereicht, die liegt noch in einer Schublade. Zu meiner großen Freude ist meine jüngste Tochter in meine beruflichen Fußstapfen getreten. Auch sie ist öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige im Bereich Verpackungs- und allgemeiner Maschinenbau.

Geballtes Leben. Im Laufe dessen ich unglaublich viel, zum Teil auch Unglaubliches erfahren durfte und musste. Unvergessen ist mir das Jahr 1979, wo es derzeit für das Fernsehen Exekutionen am Strand von Lagos gab. Die wurden dann nachmittags zwecks Abschreckung und Einschüchterung der Bevölkerung zwischen den Kindersendungen ausgestrahlt. Wahnsinn! Mit derart schlimmen Situationen umzugehen war immer wieder schwer für mich, aber aufgrund meiner Spezialausbildung zu Schäden, die durch Brand und Explosionen entstanden sind, leider immer wieder notwendig.
Hierzu zwei markante Beispiele: Ich war im Auftrag des ICC im Jemen und 8 Tage nach Ende des Balkankrieges im Auftrag einer Investitionsbank in Serbien unterwegs. Jüngstes, wohl uns allen gut ins Gedächtnis eingebrannte Erlebnis: Das Jahrhundert-Hochwasser im Ahrtal im Jahr 2021, wo ich im Auftrag einer großen Versicherung tätig war. Dort war die Urgewalt von Wasser sehr eindrücklich sichtbar. Das Gefühl, auf einer Brücke zu stehen, unter der Polizeitaucher Autos daraufhin markierten, ob sie menschenleer waren – diese bekamen eine 0 auf das Autodach gezeichnet -, oder nicht…das vermag ich kaum in Worte zu fassen. Umso kostbarer war insbesondere in dieser Zeit der Rückhalt meiner lieben LSH-Zeitgenossen, mit denen ich über WhatsApp in engem Kontakt stand (und stehe) und Erlebtes teilen konnte.

Von manchen der Begebenheiten meines Berufslebens träume ich noch immer.
Zu meinem großen Glück erwache ich morgens auf Sylt, wo ich seit einigen Jahren mit meiner wunderbaren Lebensgefährtin Silke wohne. Als geschulte Pädagogin kann sie sehr gut mit mir kuriosem Typ und meinen Macken umgehen! Auch sie reist gerne, und so begleitet sie mich auf meinen Recherchereisen. Neben kleinen Reiseberichten, die ich unter dem Pseudonym „Reisemichel“ mit spitzer Feder verfasse, arbeite ich derzeit an einem historisch angelehnten Roman, dessen Protagonist sich über den Libanon, Griechenland, Italien und die Provence nach Portugal bewegt. Da ich das Mediterrane liebe, genieße ich das Nachspüren dieser Kulturen sehr! Doch auch ein erster Kaffee auf unserer Terrasse, umgeben von meinen mediteranen Kräutern, mit Nordsee in Nase und Ohren – das sind kleine, große Glücksmomente.
Nach rund 35 Jahren beruflicher Tätigkeit im Dienste der Juristerei habe ich so manches Mal erleben müssen, wie aus egoistischen und/oder kapitalistischen Gesichtspunkten heraus Wahrheiten hingebogen und verdreht wurden. Da sitze ich doch nun gerne auf einer übersichtlichen Nordseeinsel, freue mich an unseren insgesamt 9 Enkeln und habe so gar keine Angst vorm Sterben, da ich ein derart knallvoll erfülltes Leben genießen durfte und darf.
Dank so manch eines „Tabak Konzils“ bei und mit Adam Zuckschwerdt, einiger mit stahlblauen Augen ruhig angeregten „dann werden wir uns mal Gedanken dazu machen“ von Eva Zuckschwerdt, einer Frau Herrenbrück, der ich trotz „Zwillings-Wochenbett“ Fragen zu einem Referat stellen durfte, und vielen anderen einmaligen LSH – Momenten und – Pädagogen, die meiner persönlichen Kursbestimmung dienten, verlief mein Leben größtenteils in unruhigen, aber guten Bahnen. Um dem Leben etwas Dankbarkeit zurückzugeben, bin ich ehrenamtlich in der Seenot-Rettung tätig und setze mich bei „Right for Water“ dafür ein, dass unsere Nachkommen sorgenarm Wasserhähne aufdrehen können.
Mein Leben ist im Fluss. Ich muss und möchte nun nicht mehr da sein, wo es brennt. Womit wahrlich nicht gemeint ist, dass ich fortan auf Sparflamme brenne!

 

im Dezember 2023