Käthe (LSH seit 2017)

„You can not dance and be unhappy at the same time“. Tanzen ist die Bewegungsform, an die ich mich völlig verliere und in der ich Raum und Zeit vollkommen vergessen kann.

Auch meine zweite Aufladestation ist immer bewegt – wenig liebe ich so sehr wie die Momente, in denen meine Familie um einen Tisch versammelt ist und in großer Runde das Gespräch „bounced“. Gerne passiert das auch auf Denglisch, das aufgrund unser gemeinsamen zwei Jahre als Familie in Kalifornien irgendwie Bestandteil unserer Familienkommunikation geworden ist. Bei diesen Tischrunden bringen wir einander auf den neuesten Stand, necken uns, diskutieren über alles und jeden und genießen einfach die Gegenwart als Familie. Da wir vier Geschwister fast Jahr-auf-Jahr geboren wurden und unsere Eltern es lieben, mit uns und unseren Freunden „open house“ zu leben, geht das nie ruhig vonstatten, sondern ist das immer wild, unberechenbar und lebendig.

Wenn ich Ruhe brauche, Abstand und Tiefe, dann tue ich das mit Gott, an den ich aus ganzem Herzen glaube.
Er ist mein Anker.

Diesen Anker habe ich insbesondere in meinem Auslandsjahr auf einem Segelschiff gebraucht. 10 Monate, 2 Atlantiküberquerungen, 66 Jugendliche, ein einziger geteilter Schlafsaal mit Hängematten, der zugleich auch Aufenthalts- und Unterrichtsraum war. Uns 33 Mädchen standen 3 kleine, meist kalte Duschen und Waschbecken zur Verfügung. Da ist es sehr wichtig, einen inneren Rückzugsraum zu haben und diesen bewusst zu kultivieren. Hier empfehle ich ein Tagebuch als Reflektionsfläche und papiernen Boxsack! Dieses Hochsee-Jahr auf einem hundert Jahre altem Dreimaster war dabei alles andere als eine “Genuss- Cruise“. Wir waren Matrosen, Köche, Schüler und Putzkräfte und hatten ebenso Tag- wie auch Nachtschichten zu absolvieren. Schlafentzug. Lagerkoller. Und während der manchmal wochenlangen Törns, keine Handys. Zu allem Übel war „Sport“ als Ausgleich aufgrund des Platzmangels so gut wie unmöglich. In diesen 10 Monaten der Extreme habe ich gelernt, Kraft aus mir selber zu ziehen.

Im Nachhinein hat sich aus den vielen Entbehrungen viel Gutes entwickelt – ich weiß nun z.B. jede auch noch so kleine Joggingeinheit so viel mehr zu schätzen. Eine lange, heiße Dusche? Purer Luxus! Aufgrund der räumlichen Enge und der Abwesenheit von Handys an Bord haben wir untereinander viel und häufig über kleine Notizen auf Haftzetteln miteinander kommuniziert. Das war wie analoges Snapchatten und es entstanden in aller Enge individuelle, kleine Privaträume. So habe ich gelernt, wie schön es ist, durch eine kleine Notiz Rückmeldung zu erhalten, gesehen zu werden. Das trägt bis heute, und ich gebe mir Mühe, anderen genau dieses Gefühl zu vermitteln. „Notiz nehmen“ im wahrsten Sinne des Wortes!

Das beste Gefühl in meinem Leben ist die Gewissheit, mich immer und mit allem an meine Eltern wenden zu können. Diese beiden wunderbaren Menschen sehen es als ihre Aufgabe an, uns Vier ins Leben zu begleiten und uns zu dabei zu helfen, Dinge zu finden und zu entwickeln, die uns mit Freude erfüllen. Ich bin überzeugt, dass ich in keine bessere Familie hätte geboren werden können! Hier, genau an diesen Platz, gehöre ich hin. Es ist z.B. einfach großartig, Friedrich zum großen Bruder zu haben, der mir dabei hilft, die Füße am Boden zu behalten. Unvergessen eine Situation, in der er mir ganz locker sagte: “Käthe, nun glaub mal bitte nicht, dass andere Lust und Zeit haben, über alles nachzudenken, was dich gerade bewegt“. Das hat mich total geerdet. Wir Vier sind einander eine wichtige Konstante, die immer Priorität über alles andere hat.
Ich hoffe sehr, später auch Mutter sein zu dürfen und diese tiefe Geborgenheit und Mischung aus behüteter Kindheit und Freiheit an andere weitergeben zu können. Am allerliebsten auch an einen Glücksklee aus vier Bagaluten – das hat in unserer Familie Tradition: Meine Eltern sind auch je eins von vier Kindern, ich liebe unsere familiäre Konstellation. Und mal ehrlich, warum sonst gibt es Joghurt meist in Viererpacks?! Mit drei Kindern? Ein unlösbares Problem.

Die Rückkehr an das LSH in die 12. Klasse wurde für mich zu einer komischen Mischung aus Heimkehr und völlig neuem Einfinden. Für manche war ich Käthe, die seit der 5. Klasse LSHlerin ist, für andere wiederum ein ganz neues Gesicht. Das war interessant. Mittlerweile bin ich wieder voll & ganz angekommen und engagiere mich in diesem Jahr auch in der Schülervertretung. Da mir Menschen und ihr Miteinander sehr liegen, ich mich gerne kümmere und für andere einsetze, kann ich auf diese Weise der Internatsgemeinschaft ein bisschen was zurückgeben.

Nach dem – mittlerweile erschreckend absehbaren – Internatsleben wird es für mich ins Studium gehen. Wie spannend! Der Studiengang steht noch nicht ganz fest. Ganz sicher ist hingegen, dass ich vorher ein halbes Jahr im Ausland – wahrscheinlich Lateinamerika – sozial arbeiten möchte. Denn dank meines Glaubens weiß ich, dass es einen guten Plan für mich gibt, und ich meine „Talente“ nicht einfach so erhalten habe. In diesem Geist fühle ich mich motiviert, das Beste aus mir herauszuholen.

In diesen Geist gehört aber auch, in jedem Tag einen Funken Glück zu entdecken. Und ganz nach Kermit dem Frosch („Das Allerschönste, was Füße tun können, ist Tanzen!“) gehört die Suche nach der nächstgelegenen Tanzfläche dazu.
Ich kann Glück, denn ich bin eine Glücksschmiedin. Gott sein Dank.

Im Mai 2025

Leni Becker (LSH 2022 – 2025)

Ich bin so vieles: Künstlerin, Philosophin, Literatin, Musikerin, Wissenschaftlerin, Freundin, Tochter. Keine meiner Facetten überwiegt die anderen. Über allem steht: mein unbedingter Wunsch, in all meinem Tun moralisch korrekt zu handeln. Es widerstrebt mir, Leben zu verletzen – egal, ob es sich um menschliche oder tierische Erdengäste handelt. Aus diesem Grunde bin ich sehr ratio – fokussiert.

Somit ist es in meinen Augen schlichtweg konsequent, dass ich mich vegetarisch ernähre. Hier am Internat esse ich vegetarisch, da es so leichter zu handhaben ist, auch wirklich alle Nährstoffe abzudecken – stehe ich selber am Herd, bevorzuge ich die vegane Küche. Die Nachfrage nach dem von mir zubereitete Gurkensalat erfährt hier am LSH exponentielles Wachstum, weshalb ich hiermit das Rezept allen Interessierten vermache (siehe Fotos)!

Da ein gesunder Geist ja bekanntlich mit einem gesunden Körper konvergiert, zwingt mein rationales Ich mich auch regelmäßig zum Sport. Bisher ist es mir nicht gelungen, ein „Lauf-High“ zu erleben, somit muss die Erinnerung an das Wohlgefühl nach dem Sport als Argument ausreichen. Es fasziniert mich immer wieder, wie sehr sich die körperliche Erschöpfung nach dem Sport von der rein mentalen Erschöpfung nach einem Tag voller Denken unterscheidet.

Apropos Denken. Ich vermag kaum in Worte zu fassen, wie dankbar und froh ich darüber bin, hier am Internat die Chance erhalten zu haben, die Philosophie für mich zu entdecken. Als rationale Person, die Dinge gerne differenziert durchdringt und präzise anwendet, nehme ich es als Geschenk wahr, Begriffe, die wir alle im alltäglichen Sprachgebrauch um uns schmeißen, nun punktgenau anwenden zu können. Die Künstlerin in mir genießt die Wege dorthin, die Wissenschaftlerin das Dezimieren von Missverständnissen. Mein Genuss ist dadurch gesteigert, das ich als bekennende Agnostikerin, die zuvor auf einer christlich-religiös orientierten Schule war, hier am Internat Solling den mir lästigen Religionsunterricht abwählen und durch die Philosophie ersetzen konnte.

Bitte nicht falsch verstehen – mein vorheriges Gymnasium war nicht schlecht und vermutlich hätte ich, die zuvor gar nicht wusste, was für alternative Schulformen es gibt, auch dort ein sehr gutes Abitur gemacht. Doch bin ich durch ein Einladungsschreiben eines hessischen Internats, das Schüler: innen mit Engagement und guten Noten eingeladen hat, neugierig geworden. Internat? Internat! Besagtes Internat war mir persönlich zu business-orientiert. Ich wollte mich nicht so früh spezifizieren. Doch wie es so ist mit einer entfachten Neugierde: Ich recherchierte weiter, und so stieß ich auf das Internat Solling. Die Möglichkeit des Leistungsstipendiums und auch die relative Nähe zu meiner Familie in Hessen waren definitiv Argumente, die für das LSH sprachen. Hier habe ich mich von Anfang an – insbesondere in meiner Rolle als leistungsorientiert Lernende – sehr gut angesprochen und gesehen gefühlt.

Da ich meine künstlerischen Leidenschaften (ich liebe es, Motive im vermeintlich engen Rahmen „Grafik“ umzusetzen!) nicht kommerzialisieren und Gefahr laufen möchte, als brotlose Künstlerin dazustehen, arbeite ich mich derzeit durch das große Angebot naturwissenschaftlicher Studiengänge. Neben den inhaltlichen gibt es ja auch noch Standortfaktoren, die mit einbezogen werden wollen – gar nicht mal so leicht, eine Wahl zu treffen. Zumal ich mit einem „Leistung verpflichtet“ viel von mir erwarte. Es steht für mich außer Frage, Karriere zu machen. Das intellektuelle Rüstzeug dafür habe ich hier am Internat vervollständigt – nun gilt es alsbald, all die vielen schönen Kleinigkeiten, die meine Augen in meinem Zimmer erfreut haben, meine Geige, die Mal- und die Sportutensilien, einen Schatz an Erinnerungen, neue Lebensfreundschaften und letztendlich mich einzupacken, um die weiteren Schritte anzugehen. Vielleicht erfahre ich ja doch noch ein „Lauf-High“.

im April 2025

Justus Thale ( LSH 2015 -2024 )


Ich gehe leichtfüßig durch das Leben.
Es ist tatsächlich so, dass ich bisher noch nie eine Situation erleben musste, die mich mit Negativem konfrontiert hat. Selbstverständlich bin ich dafür sehr dankbar, insbesondere für unseren tollen interfamiliären Zusammenhalt und all das, was meine Eltern meinem Bruder und mir ermöglichen.

„Leichtfüßig“ ist bitte keinesfalls mit „leichtsinnig“ zu verwechseln! Auch wenn ich durchaus dazu neige, spontan zu sein – ich habe immer einen Plan B, eigentlich auch einen Plan C. Meine rationale Seite habe ich beim Tennisspielen trainiert. Natürlich ist das technisch sportliche Können wichtig. Meiner Meinung nach gewinnt man ein (Tennis-)Spiel aber vorrangig durch die mentale Einstellung. Egal wie oft der Ball ins Netz geht: Die tennisspielende Person muss einen kühlen Kopf bewahren und trotzdem konzentriert weiterspielen. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Politikklausur im Abitur, die eine Stunde nach Beginn kurzfristig abgebrochen werden musste. Es hatte sich herausgestellt, dass nach einem Einbruch in ein Gymnasium in Goslar die Aufgaben vor Beginn der Prüfungen bekannt geworden waren. Es wäre für mich absolut unbefriedigend gewesen, nach einer Woche der intensiven Vorbereitung und der mit einer Abiturprüfung verbundenen Anspannung ohne Ergebnis aus dem Tag zu gehen. Somit war für mich glasklar, dass ich mich für weitere fünf Stunden zusammenreiße und unmittelbar die Ersatzklausur schreibe.

Auch im Leistungskurs Kunst hat mich mein rationales Denken weitergebracht. Da ich zwar sehr gerne zeichne, aber kein herausragendes Talent dafür besitze, habe ich mir früh überlegt, mein sprachliches Talent einzusetzen und dann eben über Theorie zu punkten. Der Plan ist aufgegangen!

Tatsächlich habe ich mich von der Grundschule an darauf gefreut, LSHler zu werden. Ein enger Freund meiner Eltern ist Altschüler und hat die gesamte Familie von unseren Geburten an dahingehend überzeugt, dass mein Bruder und ich ganz unbedingt auf das Internat Solling gehen sollen, da es einfach nichts Besseres gibt. Gesagt, getan! Auch wenn es in der Mittelstufe manchmal schwierig für mich war, da häufig Personen, mit denen ich mich angefreundet hatte, die Schule wieder verlassen haben. Zu meinem Glück war mein älterer Bruder in einen Jahrgang über mir, und sein Freundeskreis auch der meine, so dass ich nie völlig alleine dastand. Irgendwie hatte ich immer die Gewissheit, dass es ab Oberstufe (in der häufig Schüler kommen, die von sich aus am Internat sein wollen und deswegen das Internat auch anders, bewusster leben) besser wird. Genauso kam es dann auch! Meinen Freundeskreis könnte ich mir nicht besser wünschen!

Ich habe zwar bis zum Abitur nicht im Internat gewohnt, war aber immer eher ein sehr interner Externer und habe einen Großteil meiner Freizeit im Internat verbracht (oder unsere Freunde zu uns eingeladen; unsere Eltern haben uns immer Open House ermöglicht). Auf dem Campus findet außerhalb des Schulunterrichtes ein völlig anderes Leben statt. Man kann meiner Meinung nach nur dann gut in die Schulgemeinschaft integriert sein, wenn man nicht direkt nach Unterrichtsende das Gelände und somit das Internatsleben verlässt. Dennoch kam es für uns als Familie nie in Frage, dass wir interne Schüler werden.

Zum Glück bin ich mir dessen bewusst, wie wichtig es ist, die persönlich definierte Perspektive häufiger mal durch einen äußeren Erzählerblick auszutauschen. Wahrscheinlich macht dieses Bewusstsein einen Teil meiner Leichtfüßigkeit aus: Ich weiß, was für ein Wahnsinnglück ich habe.
Nachdem ich gemeinsam mit meinem besten Freund Herrmann in der Abiturprüfung den Schulrekord in der Laufprüfung um sechs Minuten unterboten habe, habe ich mit einem zufriedenen „Besser geht es nicht“ meine Schullaufbahn abgeschlossen. Landschulheimer bleibe ich weiterhin!

Nun schaue ich mir das Leben als Student mit Ziel „Bachelor Bachelor Jura/LL.B“ (mit der hervorragenden Möglichkeit, mich erst nach sechs Semestern zwischen BWL und Jura entscheiden zu müssen) an und ziehe vorerst meiner Wege in Mannheim. Sollte das Glück mir treu bleiben, so drehe ich meine Laufrunden später im Leben an der Alster.

Im November 2024

Florentine Külps ( LSH 2021 – 2024 )

Das Thema „Internat“ war für mich nie von Interesse, zumal ich diesen Begriff immer mit „Ausland“ assoziiert habe und mir nicht vorstellen konnte, von meiner Familie entfernt zu leben. Bis ich dann im Internet auf der Suche nach Reiterferien über das Internat Solling gestolpert bin. Mit den begeisterten Internatsgeschichten meines ältesten Bruders im Hinterkopf (er war auf einem schottischen Internat) und dem Gefühl, dass mir ein Ortswechsel guttun würde, bin ich umgehend für das Internat Solling entflammt. Meine Eltern hielten dies zunächst für ein florentinsches Strohfeuer. Bis ich sie dann mittels einer eigens erstellten Power-Point-Präsentation und dank argumentationsstarker Unterstützung durch einen Freund der Familie, Günther von der Schulenburg (der selbst Altschüler ist) davon überzeugen konnte, dass ich auf das LSH darf. Das war eine der besten Entscheidungen meines bisherigen Lebens! Ich bin hier aufgegangen wie eine Blume im Sonnenschein.

Nach wie vor brenne ich für unsere Internatsgemeinschaft! Derart stark, dass es mir eine Herzensangelegenheit war, mich im vergangen Jahr im PV für die Schülerschaft einzusetzen. Auch wenn ich aus einer Familie mit fünf Kindern stamme und es somit gut kenne, unter vielen Menschen zu sein, ist es natürlich ungleich intensiver, sich jederzeit mit Gleichaltrigen austauschen zu können, die in demselben Lebensumfeld ähnliche Erfahrungen sammeln, wie man selbst. Trotzdem war und ist es mir wichtig, nur zwei Stunden Fahrtzeit von meiner Familie entfernt zu sein.

Für mich ist es selbstverständlich, dass ich später Kinder haben werde. Der familiäre Zusammenhalt bei uns ist sehr eng und genau dieses unglaublich große und schöne Gefühl möchte ich künftig weitergeben. Allein dieser Herzenswunsch bremst mich bezüglich des Gedankens, mir später eine Landarzt-Praxis aufzubauen. Ich mag den Charme der Idee, meine Patienten wirklich zu kennen und in vielerlei Aspekten für sie da sein zu können. Doch widerstrebt es mir, fremdbestimmt für zehn Jahre auf einen Ort festgelegt zu werden. Somit steht für mich bislang nur fest, dass ich mir mittels des Medizinertests und Praktika den Traum, Medizin zu studieren, erfüllen werde. Da meines Erachtens das Zwischenmenschliche in dem Arzt-Patient-Verhältnis ein nicht zu unterschätzender Faktor ist und darin eine meiner Stärken liegt, werde ich diesen Wunsch, den ich von klein auf hege, auch weiterhin verfolgen! Schon allein meine tolle Zeit hier am Internat Solling zeigt mir auf, wie wichtig es ist, sich für seine Träume und Wünsche stark zu machen.

Meiner Meinung nach ist wenig derart ansteckend, wie er- und gelebtes Glück! Umso schöner, wenn ich dazu beitragen kann, dass andere Menschen sich gut fühlen. Sei es durch ein Pflaster, Zuhören, Zuspruch oder ein gelungenes Essen. Da ich selbst die Personifikation des Begriffes „hangry“ sein kann, weiß ich sehr wohl, welch Wohltat gestillter Hunger ist. Zudem mag ich den meditativen Aspekt des Kochens sehr und nehme wöchentlich mit Begeisterung an der Koch-AG teil. Mittlerweile kann ich auch rezeptlos gut schmeckende Dinge zubereiten und freue mich sehr darüber, mich der Koch- und Improvisationskunst meiner Mutter anzunähern. Ein Puzzlestück mehr, das es mir ermöglicht, schöne Erinnerungen zu schaffen. Am allerliebsten gemeinsam mit geliebten Personen.


Im Mai 2025

Adam Saeed ( LSH 2022 – 2024 )

Obwohl ich mich gerne als sehr autonomen Menschen bezeichnen würde, haben selbstverständlich auch mich viele Einflüsse geprägt. Ich habe hier am Internat Solling innerhalb der vergangenen drei Jahre eine Fülle aus Reisen und Wohnorten, Hobbys, Freunden und Sportarten auf das Wesentliche reduziert – auf Qualität. Mir ist bewusst, dass Veränderungen sowohl eines eigenen Antriebs, als auch äußerer Einflüsse bedürfen. Dieser Gedanke und der bewusste Umgang damit meine Zeit am LSH besonders geprägt. Ich verlasse Holzminden als werteorientierter und gefestigter Mensch.

Unverändert ist meine Leidenschaft für Musik, was sich in 185.000 Minuten aktiven Musikgenusses auf meiner Spotify–Jahresrückschau 2024 gezeigt hat! Zwecks Einordnung: Ein Jahr hat 525.000 Minuten.
Um diese Leidenschaft mit einem Ort, den ich nie vergessen und immer schätzen werde, zu verbinden, kam es letztes Jahr während meiner Tätigkeit im PV auch zur Gründung der Musik-Produktion-AG. Die Intention bestand darin, Menschen mittels Musik enger zusammenzubringen und das kulturelle Leben des Internats zu fördern. Auch mich persönlich hat die AG bereichert. Das Schreiben eigener Texte und der Austausch über diese mit meinen Freunden hat dazu geführt, dass ich meine Gefühle besser artikulieren und sie anderen gegenüber offener aussprechen kann. Um diese neue Erkenntnis und Freude mit anderen teilen zu können, erarbeiten wir in der AG derzeit unter anderem einen LSH-Song, der den Kern der Schule möglichst gut repräsentieren soll.

Da Frankfurt für mich die Stadt ist, mit der ich das größte Heimatgefühl verbinde, fällt es mir schwer, mich später dauerhaft woanders als in der schönen Mainmetropole zu sehen. Ich weiß aber, dass es sich im Leben häufig anders ergibt, als man sich das so ausmalt. Außer Frage steht, dass ich mich sehr regelmäßig auf den Altschülertreffen der Zukunft sehen lassen werde! Ich bin jetzt schon gespannt, was ich dann in der Disco zu hören kriege.

Und, liebe Neu-LSHler: Nehmt jede Chance war, die sich Euch hier bietet und genießt jede Sekunde! Ob die Sonne auf- oder untergeht – das wird die beste Zeit Eures Lebens, wenn Ihr sie dazu macht.

Im März 2025

Michele (LSH seit 2018)

Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch die Lebensrealität eines anderen positiv beeinflussen kann. Wenn man so viel Macht hat und dann auch noch derart privilegiert lebt, wie wir alle es tun – das verpflichtet zu sozialem Engagement. „Tempus fugit“ – Zeit vergeht wie im Fluge und ist schon allein deshalb in unserer Gesellschaft ein rares Gut. Doch bedarf es lediglich eines persönlichen Organisationsaufwandes, um sie spenden zu können. Ein Aufwand, der verhältnislos groß in Dankbarkeit und Freude vergütet wird.

Aus oben genannten Gründen war ich zwei Jahre lang im PV tätig und habe im vorletzten Jahr den Besuch des Altenheimes „Seniorenhaus am Pipping“ in Holzminden durch Schüler:innen ins Leben gerufen. Da die Bewohner: innen wandelnde Geschichtsbücher sind und wir so unendlich viel von ihnen und ihren Lebensrealitäten lernen können, handelt es sich meines Erachtens mindestens um eine Win:Win Situation. Um meine sehr große Freude an guten Slogans, bzw. Redewendungen zu bemühen: „In der Jugend lernt, im Alter versteht man.“ (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, 1830 – 1916).
Intelligente Slogans und der bewusste Gebrauch von Sprache sind definitiv Dinge, die mein Leben erhellen. Wobei ich, die dort am heimischsten is_s_t, wo es Spätzle gibt, wahrlich nicht auf Hochdeutsch beharre – I schwätz vo Herza gern Schwäbisch, dies isch die Schbrache meines Herzens. Weshalb neben einer kleinen Fassung des Grundgesetzes und einer Spieluhr, die die erste Internationale spielt, auch immer ein komprimierter „Schwäbisch-Deutsch“ Langenscheidt Duden in meiner Alltagsbegleitung, einer kleinen Handtasche, zu finden ist! Ja, das Grundgesetz. Mir ist Gerechtigkeit ein ebenso hohes Gut, wie es Authentizität ist. Lebenszeit ist entschieden zu kurz, um sich zu verstellen oder schweigend wegzusehen. Ich bin ich und vertrete meine Meinungen. Immer. Egal, wie ermüdend es manches Mal auch sein mag. Wiederum ein Zitat: “Jemand, der weiß, dass er widersprechen kann, weiß auch, dass er gewissermaßen zustimmt, wenn er nicht widerspricht“- Hannah Arendt.


Da ich bereits in der 3. Klasse der Meinung war, dass das Internat Solling für mich der richtige Ort ist, habe ich bereits mit sieben Jahren meine Eltern dahingehend bearbeitet. Erfolgreich! Der 20.08.2018 war mein erster Tag am LSH und somit bezeichne ich mich völlig zu Recht als „alte LSH-Häsin“. Nach wie vor bin ich sehr gerne hier, muss aber auch gestehen, dass sich allmählich eine gewisse Vorfreude darauf einstellt, in absehbaren zwei Jahren alleine zu leben. Wie es wohl für mich sein wird, alleinige Herrin eines Hauses, sprich einer Studi-Bude, zu sein? Auf jeden Fall wird es mich herausfordern, da ich durchaus die „Internats-Krankheit“ habe, nicht gerne alleine zu sein.

Mich amüsiert es, wenn Mitschüler:innen, die aus Großstädten nach Holzminden kommen, meinen, es sei hier still. Weit gefehlt! Hier herrscht ein stetes Gewusel, es tönen rund um die Uhr Lebensgeräusche. „Still“ ist es in meinem Elternhaus auf dem Dorf. Wo ich, wenn ich daheim bin, mit anpacke und es durchaus als „Quality-Time“ definiere, meinem Vater, der als Selbstständiger u.a. Winterdienst fährt, in diesen langen Nächten Gesellschaft zu leisten und mit ihm über Gott und die Welt zu schwätzen. Wobei auch meine persönliche Definition von „Gott“ eine sehr diverse ist. Da meine Mutter Brasilianerin ist, fühle ich mich, obgleich ich protestantisch aufgewachsen bin, zu ihrer Naturreligion „Candomblè“ hingezogen und finde Halt und Sicherheit sowohl in dem Rosenkranz über meinem Bett, als auch in den kleinen Figuren aus Stein aus ihrer Heimat, die in meinem Zimmer über mich wachen.

Eine wilde Mischung? Bestimmt. Das bin letztendlich ICH. Mit sowohl afro-brasilianischen, als auch deutschen Wurzeln, einem schwäbischen Daheim und einem niedersächsischen Zuhause. Bildungsdeutsch und Herzensschwäbisch, einer ausgeprägten Begeisterung für Latein, mittelbrauner Haut und dunklen Locken. Geschlechter sind in meinen Augen irrelevant (einer von vielen Gründen, weshalb ich ab Sommerferien die Organisation des „Queeren Clubs“ übernehmen werde), Wurzeln sind es nicht.


Derer habe ich viele. Die Identitätsfrage ist einer von vielen Gründen, weshalb mich die Vita der Landtagspräsidentin von Baden-Württemberg, Muhterem Aras (1. Frau in dieser Position! Grüne! Migrantin!), derart interessiert, dass ich mich mittels einer Initiativbewerbung bei ihr für mein Praktikum beworben habe. Erfolgreich! Und das auch noch in meiner Lieblingsstadt Stuttgart! I-Tüpfelchen auf mein Praktikum war, dass ich im Anschluss an den Landtag noch eine Woche bei „Harrys Bude“ mitarbeiten durfte. Harry hat, auf seine persönlichen Erfahrungen als Obdachloser aufbauend, einen Ort der sozialen Begegnung geschaffen, wo Menschen aller Nationalitäten, Bedürfnisse und sozialer Herkunft, sich austauschen und gerettete Lebensmittel erhalten können. Beide Praktika waren lebensverändernd für mich. Ich habe in diesen drei Wochen Einblicke in mir bisher fremde Bereiche nehmen können und die Bedeutung von Begrifflichkeiten wie zum Beispiel „Demokratie“ und „Sozialstaat“ völlig neu erlernt. Inwiefern diese drei Wochen auch wegweisend für meine Zukunft waren, vermag ich noch nicht definitiv zu sagen. Ich habe ja noch viel Lebenszeit vor mir, die es zu genießen und zu nutzen gilt. „Carpe diem“, wie wir Lateiner sagen.

Im März 2025

Klaas Windmöller (LSH 2015 – 2024)

Mir geht meine persönliche Freiheit über alles. Was nicht heißen soll, dass ich niemanden brauche. Das Gegenteil ist der Fall: Es tut mir sehr gut, mir vertraute Menschen um mich zu haben. Nur sollen sie mich bitte nicht einengen. Diesen Freiheitsdrang habe ich schon von klein auf, selbst als kleiner Bengel hat es mich bereits genervt, wenn es eine feste Abendbrotzeit gab, an die ich mich zu halten hatte.

Umso mehr genieße ich es jetzt im Studium, alleine zu leben. Nach neun Jahren im Internat möchte ich mich endlich einmal vollends so einrichten, wie es mir gefällt und mich auch in meinen Tagesstrukturen rein nach mir und meinen eigenen Plänen richten. Im Wohnen mag ich es funktionell und eher minimalistisch. Die Dinge um mich sollen auch wirklich eine Bedeutung oder einen Zweck haben. Hinsichtlich meiner Abneigung gegen Fremdbestimmung erscheint es mir folgerichtig, mich später selbstständig zu machen. Auch wenn dies heißt, selbst & ständig zu arbeiten, so habe ich es dann schlussendlich selber in der Hand und kann mir meine Zeiten frei einteilen. Mein derzeitiger Plan sieht vor, zukünftig in der Finanzbranche zu arbeiten. Ich habe mich bereits in relativ jungen Jahren für Aktien interessiert und finde es extrem spannend, wie im Prinzip aus einem eigentlichen Nichts Geld entsteht.

Trotz der vorgegebenen Strukturen hat sich das Internat Solling vom ersten Tage an (ich war in der 4. Klasse zum Probewohnen hier) für mich angefühlt wie eine Klassenfahrt. Dazu muss erwähnt sein, dass ich einfach gerne woanders bin (sehr zum Leidwesen meiner Mutter!) und einen gewissen Trubel um mich mag. Wie es manchmal am Ende einer sehr langen Reise so ist – gegen Ende war ich dann doch etwas reiseleitungsmüde und blicke nun dankbar auf die schöne Zeit zurück, die ich erleben durfte – und bin voller Vorfreude auf Neues. Um sicherzustellen, dass es mir in meinem Studienort Rosenheim nicht zu ruhig wird, habe ich schon vor Beginn meines Studiums mindestens zwei Auslandssemester eingeplant. Eines werde ich ganz sicher im schönen Barcelona verleben, um mein Spanisch lebendig zu halten (ich habe ein Auslandsjahr auf Costa Rica verbracht) und eines, eventuell auch zwei in den USA. Als sehr neugieriger und weltoffener Mensch brauche ich es, regelmäßig in mir fremde Kultur und Natur einzutauchen, das lädt meine Akkus auf!

Da kein Mensch der Welt immerzu die Welt bereisen kann, nutze ich Sport, um im Alltag meine Akkus sowohl zu ent- als auch aufzuladen. Als sehr kompetitive Person steige ich freudestrahlend in Wettbewerbssituationen ein! Meine Liebe zum Sport war ein zusätzliches Argument für den Standort Rosenheim. Die Region ist ideal für Mountainbiking, ich kann hier meiner Leidenschaft für das Skifahren auf kurzen Wegen ausleben und das Wetter ist tendenziell besser als im Norden Deutschlands.

Beginne ich etwas, so erwarte ich auch von mir, dass ich mein Bestes gebe. Dementsprechend kommen sehr bewegte und spannende Zeiten auf mich zu! Da ich sehr im Hier und Jetzt lebe, wird es mir wahrscheinlich schwerfallen, alte Kontakte aktiv zu pflegen. Seid aber versichert: Ich trage Euch im Herzen, habt Dank für die tolle Zeit mit Euch, Ihr LSHler!


Im Dezember 2024

Benedikt ( LSH seit 2022)

Es hätte mir vor vier-fünf Jahren niemand erzählen können, dass ich zukünftig in vielfacher Hinsicht in die Fußstapfen meines Vaters treten werde! Zum Beispiel wollte ich gar überhaupt ganz sicher nicht auf das Internat Solling gehen. Mir gefiel es, bei meiner Familie zu leben und durch meinen Sport gut in die Dorfgemeinschaft eingegliedert zu sein. Doch war es meinem Vater ein wichtiges Anliegen, dass auch ich LSHler werde (er selber ist es). Und so haben wir uns auf die Abmachung verständigt, dass ich es ab der Oberstufe zumindest am Internat versuche. Gemacht, getan – geblieben!

Spätestens während des ersten Altschülertreffens, an dem ich gemeinsam mit meinem Vater teilgenommen habe, hat mich das starke, generationsübergreifende Gemeinschaftsgefühl unter uns LSHlern begeistert! Auch muss ich rückblickend sagen, dass sich meine schulischen Leistungen am LSH deutlich verbessert  haben. Ich bin auch viel selbstständiger und fokussierter, als zuvor. Ich würde mich als eher besonnenen, rationalen Menschen beschreiben. Es sei denn, ich befinde mich auf dem Fußballfeld: Dort werde ich sehr emotional und genieße es (mitunter lautstark), gemeinsam mit Freunden als Mannschaft einen Sieg anzustreben.

„Gewinnen“ wird wahrscheinlich auch in meinem weiteren Leben zumindest beruflich eine Rolle spielen. Ich plane, direkt im Anschluss an mein Abitur im Sommer 2025 ein Jura-Studium anzufangen. Vorzugsweise in München, da die dortige Universität einen sehr guten Ruf genießt.

Ob ich dann zukünftig in einer großen Sozietät, oder wie mein Vater in einer eigenen Kanzlei arbeiten werde, zeigt sich dann im Laufe der Zeit. Fest steht bislang für mich nur, dass ich später wieder in einer ländlichen Region leben und eine Familie gründen möchte. Das rurale Leben liegt mir persönlich sehr, insbesondere da ich dieses als Kind selber sehr genossen habe. Das unmittelbare Erleben von Natur ist für mich entspannend, ein Aspekt, den ich auch an der Jagd mag. Darüber hinaus fühlt es sich auch einfach gut an, selber für das Essen auf dem Tisch gesorgt zu haben.

Auch in dem Aspekt, sich für die (Schul-)Gemeinschaft einzusetzen, trete ich gerne in die Fußstapfen meines Vaters. Wie auch er früher bin ich begeisterter Disco-Chef und habe mich ein Jahr lang im PV engagiert. Insbesondere Letzteres ist sehr zeitaufwändig, meines Erachtens aber jede investierte Minute wert! Es hat mir große Freude bereitet, mich gemeinsam mit vier Freunden für die Schülerschaft stark zu machen und diese zu stärken. Apropos stärken – die Dankbarkeit, die ich gegenüber meinen Eltern verspüre, ist deutlich gewachsen, seit ich auf dem LSH bin. Nicht allein dafür, dass sie mir ermöglichen, Schüler des Internat Solling zu sein und die Gewissheit des bedingungslosen Rückhalts durch sie. Auch das Erfahren anderer familiärer Hintergründe, die mir verdeutlichen, dass es leider nicht mehr „normal“ ist, wie ich eine Familie zu haben, in der die Eltern noch zusammenleben und glücklich miteinander sind, hat mir gewahr werden lassen, wie gut meine Brüder und ich es haben.

Somit schaue ich sehr glücklich auf meine Schulzeit am Internat Solling und bin durch und durch LSHler geworden! In dem Wissen, hier viel erreicht zu haben und dass die hier entstandenen Bindungen mein Leben lang halten werden, beginne ich allmählich, über meinen Abitur-Lehrstoff hinaus neugierig-zuversichtlich in Richtung „nächster Lebensabschnitt“ zu blicken.

Im Januar 2025

Jan Wülfers (LSH 2021 – 2024)

„Invierte tu enegría en lo que valga la pena y en lo que te apasione“ – Danns Vega.

Investieren Sie Ihre Energie in das, was sich lohnt und wofür Sie eine Leidenschaft haben.

Die Liebe zum Fußball hat mich im zarten Alter von drei, vier Jahren ereilt und seitdem nie wieder losgelassen. Von meinem ersten aktiven Spiel an spiele ich auf dem Mittelfeld. Diese strategisch so wichtige Position lässt sich auch auf meinen Berufswunsch übertragen – die Aufgaben des Mittelfeldspielers bestehen darin, gegnerische Angriffe über die Seite abzuwehren und Angriffe im gegnerischen Strafraum aufzubauen. Darüber hinaus muss er aber auch das Spiel gut lesen können sowie Spielzüge kennen und umsetzen. Ich studiere seit September 2024 Sportmanagement in Madrid. An meinen guten Ergebnissen zeigt sich, dass man etwas finden sollte, für das man brennt – dann klappt es auch mit den Noten!

Es freut mich, nach drei erlebnisintensiven, perfekten Jahren am Internat Solling wieder vollends in das muttersprachliche Spanisch einzutauchen und – offen gestanden – auch, wieder mehr Sonne und Wärme zu erleben. Bei aller Dankbarkeit gegenüber dem Internat und meiner riesengroßen Wertschätzung meines in Holzminden gewachsenen Freundeskreises – das Klima in Deutschland war für mich, der größtenteils in El Salvador, wo eigentlich immer Sommer ist, groß geworden ist und dann drei Jahre lang je maximal drei Monate Winter in Argentinien gewohnt war, echt hart zu ertragen. Als gebürtiger Latino brauche ich Licht und Sonne! Nichtsdestotrotz möchte ich die vergangenen drei Jahre um nichts auf der Welt missen.

Die Corona-bedingte Isolation war für mich als sehr sozialen Menschen schwer zu ertragen und ich muss zugeben, dass ich das Homeschooling wirklich habe schleifen lassen. Als es demzufolge hieß, dass ich entweder die Schule ohne Abitur verlassen oder eben das Schuljahr wiederholen müsse, schlug mein Vater (der selber Altschüler ist) vor, dass ich es für ein Jahr auf dem LSH versuchen möge. Da mein Deutsch nicht allzu gut war, war der Mehrwert offensichtlich, und so kam ich nach Holzminden. Lustiger Weise waren damals noch zwei Lehrerinnen aktiv, die meinen Vater noch als Schüler erlebt hatten, und so kam ich auch in den Genuss, alte Geschichten über ihn zu hören! Binnen kurzer Zeit war klar, dass ich mich sehr wohlfühle, den Zusammenhalt in der LSH-Gemeinschaft sehr schätze und bis zum Abitur auf dem Internat bleibe.

Hier in Madrid habe ich bereits im Vorfeld eine Kirchengemeinde gefunden, die mir zusagt und von der ich mir denselben Halt verspreche, wie ich ihn insbesondere in Argentinien in unserer sehr jungen Kirchengemeinde gefunden hatte. Dort ist der Glaube sehr viel stärker im Fokus und wird meiner Meinung nach dementsprechend auch selbstverständlicher gelebt. Hier in Deutschland fand ich mich in der Kirche inmitten alter Menschen wieder und bin – bis auf wenige Ausnahmen – nicht wirklich ins Gespräch mit anderen Gläubigen gekommen. Da ich die Erfahrung gemacht habe, dass mein Glaube mir einen starken Halt gibt, freue ich mich auch diesbezüglich darauf, wieder mehr Wärme zu erfahren.

Dass die am LSH entstandenen Bindungen mein Leben lang halten werden, das glaube ich nicht nur, das weiß ich. Das deutsche Wetter, das fehlt mir so gar nicht. Meine Freunde und das Zusammenleben mit ihnen dafür aber umso mehr! An dieser Stelle möchte ich ganz besonders Herrn Dr. Sztulik-Kniesl danken, der mich häufig als Gast zu Kamfahrten mitgenommen und dadurch gezeigt hat, wie sehr viel intensiver das Lernen und Erleben von Kultur gemeinsam mit Freunden ist.

Im Dezember 2024

Onno Wülfers (LSH 1981 – 1987)

In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Zum einen bin ich sehr diszipliniert und verlange mir viel ab, zugleich bin ich aber auch sehr naturverbunden und genieße den Anblick jedes einzelnen Sonnenaufganges; meine Arbeitstage sind meist ca.12 Stunden lang und doch lege ich keinen allzu großen Wert auf Materielles. Diese „Onno-Spezial-Mischung“ ist sicherlich meinen charakterlich sehr unterschiedlichen Eltern geschuldet. Mein großes soziales Engagement hingegen und meine unbändige Neugierde – das sind Feuer, die meine Zeit am LSH, insbesondere Herr Ehm, entfacht hat.

Der es anfänglich nicht leicht mit mir hatte. Die Einschulung am LSH war i-Tüpfelchen auf einen zwei Jahre andauernden Kulturschock. Meine Kindheit habe ich in einem großen Haus und mit Großfamilien in der Nachbarschaft, bei denen ich immer zum Spielen willkommen war, auf Gran Canaria verbracht. Nach der Trennung meiner Eltern zog ich im Alter von 12 Jahren mit meiner Mutter in das kalte Deutschland. Dort fand ich mich mit ihr in einer Mietwohnung wieder, deren „Größe“ ungefähr der meines vorherigen Spielzimmers entsprach. Zudem war mein Deutsch mittelmäßig, obwohl es unsere Familiensprache war und ich die deutsche Schule besucht hatte. Nachdem ich zwei Sommerferien zwecks Verbesserung meines englischen Vokabulars in einem englischen Internat verbracht und es dort gemocht hatte, überlegte sich mein Vater gemeinsam mit meinem Patenonkel und Altschüler Onno Flick, dass das LSH räumlich fair zwischen beiden Elternteilen liegen (mein Vater lebte in Norddeutschland, meine Mutter in Bayern) und mir persönlich bestimmt guttun würde – zumal schon damals Iberos ein wichtiger Bestandteil der LSH-Schulgemeinschaft waren und ich auch Spanisch als Leistungskurs wählen konnte. Rückblickend hat mir meine Zeit in Holzminden nicht nur gutgetan, sondern vielmehr auch den Weg zu meinem großen Glück, seit mittlerweile 18 Jahren in El Salvador zu leben, geebnet!

First things first: Herr Ehm war mir persönlich eine sehr große Stütze. Wir hatten von Anfang an einen sehr guten Draht zueinander. Er hat mir und meiner schwer zu kanalisierenden Energie zunächst den Rücken frei- und vor dem damaligen Schulleiter Brückner immer zu mir gehalten. Nachdem ich ungefähr 2000 Mal im Strafwerk den Parkplatz gesäubert hatte, hatten wir Zwei herausgearbeitet, dass Sport für mich ein guter Weg ist, Energie abzubauen und den Kopf freizukriegen. So hatte ich recht bald die Schlüsselgewalt über den Schlüssel zur Sporthalle und lernte, mein Feuer für die Gemeinschaft einzusetzen. Demzufolge leitete ich die Tee-Stube, war Schülersprecher und im PV. Um Brü zu zitieren: “Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“.

Dies zieht sich auch hier in El Salvador durch mein Leben. Ich engagiere mich sowohl beruflich, als auch privat sozial. El Salvador? Ja. Ich folgte dem Ruf meines damaligen Zimmerkameraden und Freundes Juan Josè Borja und seiner Frau Anna (geborene Voelpel, auch sie ist LSHlerin), bei und mit ihnen zu arbeiten. Nachdem wir nicht nur gleichzeitig am Internat Solling waren, sondern auch gemeinsam an der Wharton School of the University of Pennsylvania Wirtschaft studiert haben, sind wir Drei ein sehr gutes, eingespieltes Team. Zum Glück gelingt es uns sehr gut, Business und Freundschaft voneinander zu trennen. Ein weiterer von unseren vielen gemeinsamen Nennern ist das soziale Engagement. So kommt es, dass ich nicht ausschließlich als Geschäftsführer für die Medien-Gruppe “Diario El Mundo“ sondern auch für die J.Borja Stiftung tätig bin, die sich für die Ausbildung junger Menschen starkmacht. Darüber hinaus engagiere ich mich auch als Privatperson seit Jahren bei zwei weiteren großen Stiftungen. Da das Lebens – und somit auch das Bildungsniveau und das Umweltbewusstsein sich hier deutlich von dem in Deutschland unterscheidet, kann man zu meiner Freude auch wirklich noch viel bewirken.

Apropos Unterschiede – selbstverständlich bin ich immer wieder gerne in Deutschland, um Familie und Freunde wiederzusehen. Ich fahre aber auch jedes Mal gerne wieder. Die deutsche Tristesse und das Jammern auf hohem Niveau, das in Deutschland meiner Meinung nach mittlerweile leider an der Tagesordnung ist… All dies lässt mich mein Leben in El Salvador noch mehr genießen und wertschätzen. Die Freundlichkeit der Menschen ist hier ungleich groß. Mag gut sein, dass dies der Beweis dafür ist, dass an dem Sprichwort „Geld allein macht nicht glücklich“ sehr viel Wahres dran ist!

Mein Glück ist die Natur. Zu meiner großen Freude teilen meine beiden großartigen Kinder Olivia und Jan sowohl diese Liebe, als auch die zum Sport und so treffen wir Drei, die wir in drei unterschiedlichen Ländern leben, uns so oft wie möglich bei meiner Mutter in Garmisch. Dort können wir einander und gemeinsam sportliche Aktivitäten, besonders gerne das Skifahren, genießen! Zuhause in El Salvador kann ich jeden Morgen während des Aufwachens den Sonnenaufgang betrachten und verbringe meine Wochenenden sehr gerne auf meiner kleinen Kaffeeplantage, wo ich neben Kaffee auch Gemüse und verschiedene Früchte anbaue. Hier erde ich mich im wahrsten Sinne der Worte. Mittlerweile kann ich sogar schon kleine Mengen Kaffees und Marmelade verkaufen! Der wichtigste Alltagsausgleich – und auch dies wurzelt in meiner Zeit am LSH – ist nach wie vor der Sport. Da ich häufig bis spät in den Abend arbeite, beginne ich jeden Tag früh auf dem fußläufig gelegenen Golfplatz oder ziehe meine Schwimmbahnen. Während des Sports kann ich auch sehr gut Probleme auf – und verarbeiten. So ganz und gar abschalten, das ist einfach nicht meins, obgleich ich seit einiger Zeit versuche, weicher mit mir und meinem Umfeld umzugehen und umsetzen, wozu Autor und Visionär Raj Sisodia, den ich im vergangenen Jahr live erleben durfte, während eines Vortrages geraten hat: Man sollte mindestens 5-mal gelobt haben, bevor man 1 -mal kritisiert! Teil des Lernprozesses ist, mir und somit automatisch auch von meinem Umfeld weniger abzufordern. Gar nicht mal so leicht zu lernen für mich als Sohn eines extrem disziplinierten, anspruchsvollen Vaters, der selbst noch auf der Onkologie die Chefvisite bis zuletzt akkurat in Hemd und Sakko empfangen hat. Aber zum Glück sind wir ja nie zu alt zum Weiterentwickeln unserer Persönlichkeit! Um Raj Sisodia zu zitieren: „Wir wollen Herz, Heilung, Mut, Seele und Erwachen in Wirtschaft und Führung bringen, damit wir eine bessere Welt für alle erschaffen können.“ Meines Erachtens steckt da viel des gelebten „Hand, Herz, Kopf“ drin, das ich als LSHler verinnerlicht habe. Ganz so, wie ich so Vieles, das mir guttut, auf das LSH zurückführe.

Im Januar 2025