Chengming

In China ist alles ungleich schneller als in Deutschland – zum Beispiel werden die Unterrichtsinhalte, die wir in China binnen einer Woche durchgenommen haben, hier am Internat Solling über einen Zeitraum von ca. vier Wochen behandelt. Selbstverständlich verfolge ich über die sozialen Netzwerke unserer globalisierten Welt mit, was meine Freunde in China gerade tun, erleben und welche Erfolge sie (zum Beispiel bei akademischen Wettbewerben, auf die in China großen Wert gelegt wird, um Plätze an guten Universitäten erlangen zu können) verzeichnen. Es fällt mir schwer, mich von der Sorge zu distanzieren, von gleichaltrigen Chinesen im Wissensbereich abgehängt zu werden und nicht mehr mithalten zu können, wenn ich zurückkehre. Darum lerne ich auch in meiner Freizeit.

Derzeit habe ich hier am Internat Solling im Unterricht in einigen Fächern noch einen Wissensvorsprung gegenüber meinen Mitschülern (ein Beispiel: meines Erachtens bin ich für chinesische Standards nicht außergewöhnlich gut in Mathe, habe hier in Deutschland aber im vergangenen Jahr den zweiten Platz in einer internationalen Mathematikolympiade und dieses Jahr den 3. Platz im MNU Physik- Wettbewerb – ein internationaler Physik-Wettbewerb – belegt). So nutze ich diese Zeit (ab der Qualifikationsphase beginnt auch für mich schulisches Neuland) nun dafür, mein Deutsch zu verbessern, im Unterricht gute Beiträge beizusteuern und vertiefe mein Wissen im Internet. Da ich es mag, meine Komfortzone zu verlassen, beschäftige ich mich derzeit mit der Relativitätstheorie. Naturwissenschaften interessieren mich, dem logisches Denken nahe ist, generell sehr; auch finde ich es spannend, mich in die deutsche Geschichte einzulesen und finde es toll, hier am Internat Solling die Möglichkeit zu haben, in die Philosophie reinschnuppern zu können – in China ist Philosophie erst ein Studienfach. Zur Entspannung lese ich gerne Krimis – in China habe ich mich nicht sonderlich für dieses Literaturgenre interessiert, eine Freundin meiner Mutter hat mir geraten, es in Deutschland damit zu versuchen.

Da ich bedingt durch Covid meine Eltern seit rund einem Jahr nicht sehen konnte, halten wir über soziale Medien und Videoanrufe Kontakt. Trotz der räumlichen Entfernung sind wir einander sehr nah und auch sie haben bemerkt, wie viel selbstständiger und selbstbewusster ich hier in Deutschland geworden bin. In der großen chinesischen Menschenmasse ist es leichter als in Deutschland, Kontakt zu knüpfen. Hier am Internat zwischen so vielen unterschiedlichen Interessengebieten und Kulturen habe ich gelernt, von mir aus das Gespräch zu suchen. Auch wenn ich gestehen muss, selbst nach über einem Jahr in Deutschland hin und wieder noch Schwierigkeiten mit dem deutschen Humor und der Unbeschwertheit mancher Gleichaltrigen zu haben… Umso dankbarer bin ich, dass wir chinesischen Schüler hier am Internat Solling in Danshu Li eine kompetente und aufgeschlossene Ansprechpartnerin haben, die es uns leichter macht, uns in Deutschland einzuleben. Mich interessieren Menschen, die ein besonderes Hobby haben oder sich auf etwas Besonderes spezialisiert haben und so setzt sich mein Freundeskreis aus Menschen zusammen, von denen ich lernen kann. Ich lerne einen Menschen in der Schule lieber erst durch einen akademischen Diskurs, als denn durch eine private Unterhaltung kennen. Lernstoff ist ein einfaches, gemeinsames Thema und betrifft uns alle. Manche sehen das Lernen in der Schule als eine Aufgabe von Lehrer und Eltern, andere sehen im Lernen eine Chance auf bessere Berufe. Für mich persönlich hingegen ist Lernen nicht auf die Unterrichtsstunden beschränkt. Lernen bedeutet für mich nicht nur das Wissen auswendig zu lernen, sondern viel mehr: mit Hilfe von Erfahrungen Anderer die Welt und uns selbst besser zu verstehen. So sollte gelerntes Wissen angewendet werden. Nur wer das in der Schule erlangte Wissen nicht nur in den Klausuren, sondern auch im Leben anwendet, ist für mich ein interessanter Mensch.

Auch wenn ich mich nicht so richtig mit dem deutschen Abendbrot anfreunden kann – Schweinehaxen schmecken mir sehr gut und ich habe meinen Eltern auch schon von dem köstlichen deutschen Bier geschickt! Im Anschluss an meine Schulzeit am Internat Solling möchte ich gerne in Deutschland studieren – ob Geschichte oder Naturwissenschaften, das wird sich zeigen. Bis dahin vergeht ja noch einiges an Zeit, es gibt noch so viel zu lernen!

im Februar 2021

Aurel Eichberg (LSH 2013 – 2016)

Mein Großvater hat mich mit zur Jagd genommen seit ich ca. 5 Jahre alt war. Aus dem damit einhergehenden Erläutern der Flora und Fauna und dem unmittelbaren Erleben der Tierwelt ist eine tiefe Bindung zur Natur erwachsen.

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Friedrich-Wilhelm von Hase (LSH 1948 – 1957)

„Und er zog fröhlich seine Straße“. Dieser Spruch, so erzählte es mir meine Mutter, stand auf ihrem Kalenderblatt, als ich am 26.06.1937 in Landsberg an der Warthe als Sohn eines Berufsoffiziers und einer deutsch¬baltischen Mutter aus alter Familie geboren wurde.

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Sybille Geitel (LSH 1984 – 1986)

Ich bin ein unerschrockener Mensch. Es ficht mich weder an vor 300 Menschen zu sprechen noch auf einer Pressekonferenz spontan Rede und Antwort zu stehen. Da ich häufig die Krisenkommunikation für die Kunden unserer PR-Agentur übernehme, ist ein „Ich sitze hier gerade mit einem Mandanten, hätten Sie kurzfristig Zeit“ – Anruf eines Anwaltes keine Seltenheit in meinem Arbeitsalltag. „Mandant“ und „gerade hier“ sind Stichwörter, die ganz klar auf Dringlichkeit hinweisen! Nach nunmehr 23 Jahren als Pressesprecherin reagiere ich zügig – jedoch nicht mehr aufgeregt. Ehrlich geschrieben mag ich diesen kleinen Adrenalinschub und stehe dem Kunden, für den eine solche Situation ja völlig neu ist, gerne mit meinen Erfahrungswerten zur Seite. Da Krisen weder auf Uhrzeiten noch Wochentage Rücksicht nehmen, kann es auch schon mal sein, dass ich zu später Stunde in die Tastatur statt zu meiner Bettlektüre greife. Da ich mich zum einen als Inhaberin für die Agentur und unsere Kunden verantwortlich fühle und zum anderen nächtliche Arbeitsstunden nicht die Regel sind, sehe ich das nicht als kritisches Thema.
Sicherlich ist dieses „sich einer Situation stellen, statt ihr zu entfliehen“ etwas, das ich ein Stück weit meiner Zeit am Internat Solling zu verdanken habe. An einer Staatsschule können die Schüler*innen sich in den dort deutlich größeren Klassen besser unsichtbar machen und schwierige Situationen mit ihren Mitschüler*innen durch den Rückzug in das elterliche Haus und Umfeld vermeiden – dies geht nicht, wenn man einander nicht nur auf einem überschaubaren Gelände kontinuierlich begegnet, sondern im Zweifelsfall vielleicht sogar am selben Tisch die Mahlzeiten einnimmt oder gar das Zimmer teilt. Mein Vater hat dieses Rundumpaket des Internatsalltages selbst erlebt und wollte auch uns Töchtern dieses Erlebnis zuteil werden lassen – obgleich wir nur wenige Kilometer von Holzminden (in Bodenwerder) wohnten. Da meine Internatszeit deutlich vor der Zeit der sozialen Netzwerke und der digitalen Kommunikation war, stellte diese Internatszeit eine temporäre Aussteigemöglichkeit von Zuhause dar, die ich herrlich fand! Im Umkehrschluss bedeutete es aber auch, mit einem Wochenende zu Hause selbst über die wenigen Kilometer nach Bodenwerder hinweg das kalkulierte Risiko einzugehen, sehr viel von dem, was am Wochenende im Internat passierte, zu verpassen. So musste nach der sonntäglichen Abendsprache der Wissensstand um die Informationen, was sich in der Disko zugetragen hatte und wer in wen neu verliebt war oder gar geknutscht hatte, aufgefrischt werden. Zu meiner großen Freude gelingt es mit meinen beiden LSH-Zimmergenossinnen, Insa und Silke, nach wie vor sehr gut, einander auch rund 35 Jahre nach unserer gemeinsamen Schulzeit auf dem aktuellen Stand zu halten – wir sind nach wie vor eng befreundet und stehen in häufigem Austausch. Welcher in den ersten Jahren nach dem Internat Solling zum großen Teil in Form von Briefen stattfand – Erinnerungsschätze, die ich den beiden zu ihren jeweils 50sten Geburtstagen geschenkt habe!
Meine Eltern führten ein Textilhaus. Für uns Kinder war es nicht nur normal zwischen Kleiderständern verstecken zu spielen, sondern auch die Doppelrolle als Tochter des Arbeitgebers und Kunden gegenüber als Teil der Familie, die das Geschäft repräsentiert, einzunehmen. Dadurch sind wir eher öffentlich groß geworden, was wiederum meinen Kommunikationsfähigkeiten zugute kam. Selbstverständlich war Textilpflege ein alltägliches Gesprächsthema in unserer Familie und so rührt sicherlich daher mein kleines Abendritual: Ich liebe es, die Wäsche zu machen (mithilfe von sechs! Waschmitteln. Kaschmir, schwarze Wäsche, Sport-Wäsche,…). Wirklich! Nach meinen kommunikationsgefüllten, hochkonzentrierten, oft von schnellem Reaktionsvermögen beherrschten Arbeitstagen, in denen es häufig auch menschelt, erfüllt es mich mit Ruhe, wenn frisch duftende Wäsche sorgsam aufgehängt ist. Da mein Mann ein fantastischer Koch ist (Perfekt für eine, in deren Internatsalltag das Essen durchaus eine große Rolle spielte! Stellt Schokobrotaufstrich eigentlich noch immer eine Währung dar?), darf ich unser Zuhause zu Recht als ein wohlriechendes Refugium bezeichnen! In dem ich dank eines nach Osten gehenden Fensters im Schlafzimmer oft sonnig erwachen und kurz Stille genießen darf. Wie gut wir es in Europa doch haben. Ich bin mir schon allein durch unsere Südamerika-Reisen sehr stark dessen gewahr, dass unser Selbstverständnis von Sicherheit für viele andere Menschen undenkbar ist.
Auch die Zukunft unserer Agentur ist gut abgesichert. Uns ist der nicht selbstverständliche Balanceakt gelungen, den Generationswechsel gut hinbekommen. Es ist nicht einfach, Nachfolger für eine inhabergeführte Agentur zu finden, denen es gelingt, im Sinne der Gründer zu agieren und somit Bestandskunden zu halten und zugleich offen für zeitgemäße Neuerungen zu sein, um neue Kunden zu gewinnen. Es erfüllt mich mit Stolz, diesen Weg mitbeschritten zu haben. Schlussendlich habe ich es in vielen Bereichen gut getroffen – wobei es sich durchaus um das Glück des Fleißigen handelt. „Langeweile“ und ich passen nicht in einen Satz – dafür schätze ich es einfach viel zu sehr, mich neuen Herausforderungen zu stellen!

im Februar 2021

Angela Stiebe (LSH 1948 – 1951)

Da wir ländlich wohnten, war es in unserer Familie Tradition, dass die Kinder Internatsschüler wurden, um ihnen lange Fahrtzeiten zu ersparen (insgesamt waren acht Familienmitglieder Schüler am Internat Solling).

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Nadine Werner

Motoren faszinieren mich schon seit immer. Ich kann zwar nachvollziehen, dass manche Menschen vorbeirauschende Motorräder als „Lärm“ empfinden, nehme es aber selber als entspannendes Geräusch war, das in mir die Sehnsucht weckt, loszufahren.

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Lille

In meiner Brust schlagen zwei Herzen: zum einen das für meine Familie – bin ich hier am Internat Solling, fürchte ich zu viel von unserem Familienleben zu verpassen und nicht genug für meine Geschwister da zu sein – bin ich zu Hause, habe ich binnen weniger Tage Heimweh nach meinem Internatsleben.

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